Brandanschlag auf Unterkunft von Geflüchteten

Polizei geht von politischem Hintergrund für Tat in Groß Strömkendorf bei Wismar aus

Das reetgedeckte ehemalige Hotel »Schäfereck« in Groß Strömkendorf bei Wismar, in dem Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht waren, ist am Donnerstag nur noch eine qualmende Ruine. Die Feuerwehr, die seit dem späten Mittwochabend den Brand mit bis zu 120 Einsatzkräften bekämpfte, musste das Gebäude kontrolliert abbrennen lassen. Die einzige gute Nachricht: Verletzt wurde durch das Feuer niemand, alle Betroffenen konnten sich retten. Als der Brand ausbrach, befanden sich nach Angaben des Leiters der Unterkunft, die vom Deutschen Roten Kreuz betreut wird, 14 Geflüchtete. Darunter zwei Kinder, zwei Jugendliche und eine Seniorin, erklärte Andrej Bondartschuk am Donnerstag.

Alles andere an dem Fall aber versetzt Politik und Zivilgesellschaft im Nordosten in Aufruhr: Die Polizei geht von Brandstiftung und einem politischen Hintergrund für die Tat aus. Und: Erst am Montag war der Polizei eine Hakenkreuz-Schmiererei im Eingangsbereich der Unterkunft gemeldet worden.

Die Ermittlungen seien dem polizeilichen Staatsschutz übergeben worden, erklärte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rostock, Michael Peters. Die zuständige Staatsanwaltschaft Schwerin ordnete ein Brandgutachten an. »Jeder Angriff auf Flüchtlinge oder deren Unterkünfte ist auch eine Attacke auf unsere Grundwerte«, fand Peters deutliche Worte. »Ein solcher Angriff ist erschütternd und nicht hinnehmbar gleichermaßen.«

Ähnlich äußerten sich Politiker*innen im Laufe des Donnerstags. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erklärte: »Menschen, die vor Krieg flüchten, brauchen unseren Schutz und unsere Unterstützung. Hetze und Gewalt dulden wir nicht!« Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich »zutiefst erschüttert«. Sollte sich der Verdacht der Brandstiftung bestätigen, werde »mit aller Härte des Rechtsstaats« gegen die Täter vorgegangen, so Faeser, die am späten Nachmittag mit Landesinnenminister Christian Pegel (SPD) den Brandort besuchen wollte.

Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Michael Noetzel, forderte, dass die Hintergründe des verheerenden Brandes schnellstmöglich aufgeklärt werden müssten. Es müsse von versuchtem Mord ausgegangen werden, da sich in dem Gebäude Menschen befanden. Man erwarte, dass die Ermittlungen auch gezielt in der rechten Szene geführt werden, da ein rassistischer Hintergrund als wahrscheinlich gelte. »Der Staatsschutz sieht bereits einen möglichen Zusammenhang mit der Hakenkreuz-Schmiererei auf dem Eingangsschild der Unterkunft vor wenigen Tagen. Und es ist bekannt, dass in Wismar und dem Landkreis Nordwestmecklenburg eine ausgeprägte Neonazi-Szene verankert ist«, so Noetzel.

Zudem wird von Experten eine Radikalisierung beobachtet. Man nehme »insbesondere in ländlichen Regionen Westmecklenburgs eine Polarisierung und Steigerung in Sachen Fremdenfeindlichkeit und Alltagsrassismus wahr. Diese Entwicklung ist fraglos besorgniserregend«, so Daniel Trepsdorf vom Verein RAA – Bildung und Demokratie MV, der Verwaltungen, Schulen, Vereine, Verbände und Einzelakteure bei der Zurückdrängung von Rechtsextremismus unterstützt. Nach Auffassung des Vereins lehnten insbesondere der gewaltbereite Flügel der Völkischen Siedler, militante Prepper und autonome Kameradschaften in der Region Westmecklenburg alles »slawische, ungermanische« ab und mobilisierten gegen Geflüchtete auch aus der Ukraine. Dies geschehe vor allem in den sozialen Netzwerken und in klandestinen Messenger-Gruppen.

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