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Hart, aber menschenverachtend

Rechte in Talkshow und auf Buchmessen? Livia Lergenmüller findet, dass es da Grenzen geben muss

  • Livia Lergenmüller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wer ›System Change Not Climate Change‹ sagt, landet im Verfassungsschutzbericht und wer sagt, dass man auf Flüchtlinge schießen müsse und bald mit den Feinden des deutschen Volkes abrechnen werde, landet bei ›Hart aber fair‹«, schrieb »Zeit«Redakteur Martin Eimermacher einmal auf Twitter und behält damit bis heute recht. Deutsche Talkshow-Moderator*innen setzen sich verdammt gern mit Rechten an einen Tisch.

Für letztere ist die Aufmerksamkeitsökonomie der Medienlandschaft eine dankbare Logik. Die Liste der Beispiele, bei denen unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit menschenverachtende Positionen im (öffentlich-rechtlichen) Fernsehen verbreitet wurden, ist lang. Zum Beispiel, als man sich bei »Hart aber fair« nach dem Mord an Walter Lübcke rechter Hetze widmen wollte und den Großteil der Sendezeit dem AfD-Politiker Uwe Junge widmete. Kontroversen muss man nun mal aushalten – vor allem, wenn sie gute Einschaltquoten generieren.

Livia Lergenmüller
Livia Lergenmüller
Foto: privat
Livia Lergenmüller schreibt über Feminismus und Gesellschaft.

Jüngst zeigte sich dies wieder, als bei »Hart aber fair« eine Frau saß, die es weder mit der Demokratie noch mit Fakten besonders genau nimmt. Ex-Grünen-Politikerin Antje Hermenau, die auf einer Demonstration, auf der auch die rechtsextremen »Freien Sachsen« anwesend waren, über einen »Schießbefehl« gegen Demonstranten fabulierte und mehrfach für die rechte »Junge, Freiheit« schrieb, behauptete in der Sendung etwa, Annalena Baerbock habe gesagt, man wolle »Russland vernichten«. Dies sei »fast zitiert«. Tatsächlich war der Satz kein Zitat der Außenministerin, wie der WDR-Faktencheck nach der Sendung erkannte. Aber im Fernsehen war er ausgesprochen.

Auch die Frankfurter Buchmesse lässt es sich trotz massiver Kritik Jahr für Jahr nicht nehmen, rechte Verleger einzuladen. Vergangene Woche fand sie erneut statt, dieses Mal mit einem »Code of Conduct« und einem Awareness-Team – Maßnahmen, die einen besseren Schutz vor denjenigen Rechten bieten sollten, die zur Buchmesse eingeladen werden. Während der russische Nationalstand und mehrere russische Verlage von der Messe ausgeschlossen wurden, dürfen die »Junge Freiheit« – das zentrale Sprachrohr der Neuen Rechten in Deutschland – und andere rechte Verlage seit Jahren ungeniert ihr Programm fahren. Alles unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit.

Eleonore Wiedenroth-Coulibaly, Gründerin der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V., verkündete folglich, die Messe erneut nicht zu besuchen, und auch Jutta Ditfurth ließ auf Twitter wissen, dass sie die Menschen, mit denen sie zusammenarbeite, »nur außerhalb der Messe treffe«. Messen mit Monopolstellung müssen, so deren Argumentation, genauso wie öffentlich-rechtliche Medien in einer Demokratie allen Positionen eine Plattform bieten. Das mag auf den ersten Blick einleuchten, mag man doch auch hoffen, den Rechten durch eine inhaltliche Konfrontation ihre Stärke zu nehmen.

Wer so argumentiert, verkennt jedoch den Zusammenhang zwischen öffentlichem Diskurs und gesellschaftlicher Realität. Denn mediale Repräsentation funktioniert nicht nur in eine Richtung. Medien sind nicht nur dafür da, das Meinungsspektrum in der Bevölkerung abzubilden, sondern sie beeinflussen auch die Wirklichkeit. Wer Ansichten und Meinungen fern einer freiheitlichen Demokratie Raum gibt, der befördert, dass Menschen Flüchtlingsunterkünfte anzünden und dabei glauben, einen Volkswillen zu vollstrecken.

Rechte Repräsentation hat Konsequenzen. Das sollte mitbedacht werden, wenn man rechte Plattformen mit einem demokratischen Ansatz verteidigt.

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