Sonnenschutz wird wichtiger

Im Freien Beschäftigte sind wegen des Klimawandels immer stärkerer UV-Strahlung ausgesetzt

Ein Dachdecker bei der Arbeit bei heißen Temperaturen im August dieses Jahres
Ein Dachdecker bei der Arbeit bei heißen Temperaturen im August dieses Jahres

Der Klimawandel bringt steigende Durchschnittstemperaturen auch in unseren Breitengraden mit sich. Das aktuell noch einmal spätsommerliche Wetter illustriert die Veränderung. Eine der erfreulicheren Folgen: T-Shirts und Shorts können noch mal hervorgeholt werden. Wenn unsere Haut mehr Sonne bekommt, kann das jedoch auf Dauer schiefgehen, vor allem, wenn Menschen noch immer eine »gesunde Bräune« anstreben. Davon darf aus Sicht von Hautärzten schon lange nicht mehr gesprochen werden, denn die Veränderung der Farbe ist eine erste Abwehrreaktion der Haut gegen UV-Strahlen. Hautschäden durch die für Menschen nicht sichtbare elektromagnetische Strahlung gehören zu den Schwerpunkten in den dermatologischen Praxen.

Die hohen Zuwachsraten bei Hautkrebs und besonders bei einer wichtigen Vorstufe, der aktinischen Keratose (durch Strahlung bedingte Verhornungsstörung), waren Ende letzter Woche bestimmendes Thema einer Fachveranstaltung der Hautärzte in Frankfurt am Main. Unter anderem wurde dort bestätigt, dass in Außenberufen wie Bau und Landwirtschaft laut jüngeren dosimetrischen Messungen unerwartet hohe UV-Expositionen festgestellt wurden. »Aber diese haben sich auch in der Normalbevölkerung in Deutschland in der letzten Zeit etwa verdoppelt«, erklärte Swen Malte John von der Universität Osnabrück. Bei der Messstation des Deutschen Wetterdienstes am oberbayerischen Hohen Peißenberg werden laut Angaben des Hautarztes und Umweltmediziners seit einiger Zeit an wolkenlosen Tagen UV-Expositionen gemessen wie früher in Sizilien.

In mehreren europäischen Ländern hat die epidemiologische Datenlage, die eine Verdopplung des Risikos für hellen Hautkrebs bei Außenbeschäftigten im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung aufweist, zur Anerkennung von UV-verursachtem Hautkrebs als Berufskrankheit geführt. Dies ist in Deutschland seit 2015 der Fall. Heller Hautkrebs ist bereits jetzt die häufigste Krebserkrankung bei Männern und Frauen in Deutschland und Österreich, erläuterte Dermatologe John. In Krebsregistern werden die dazugehörigen Gruppen, das Plattenepithel- und das Basalzellkarzinom, aber nicht einheitlich erfasst.

Die erwähnte Vorstufe des Plattenepithelkarzinoms zeigt sich in rötlichen, rauen und schuppenden Hautflecken an Stellen, die der Sonne besonders häufig ausgesetzt sind, darunter Gesicht, Stirn, Glatze, Ohren oder auch Unterarme und Handrücken. Anfangs ist eine aktinische Keratose eher tastbar als sichtbar. Da diese Hautschädigung an sich gutartig ist und nur langsam voranschreitet, kann sie durch medizinische Behandlung unter Kontrolle gehalten werden.

Es gibt jedoch Schätzungen, dass jeder zehnte Fall sich zu einem Karzinom entwickelt. Welche Faktoren die Krebsentstehung begünstigen, wurde in einer in diesem Sommer in der Fachzeitschrift »Jama Dermatology« veröffentlichten Studie untersucht. Dabei erhielten 624 Patienten aus den Niederlanden im Alter von 48 bis 94 Jahren eine Behandlung mit Salben, Gel oder einer photodynamischen Therapie.

Das Risiko der Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms aus den bei den Patienten schon nachgewiesenen Keratosen lag bei 3,7 Prozent. Es variierte je nach Art der Therapie und war bei Patienten mit schwerer aktinischer Keratose besonders hoch. Wenn also eine solche Form vorliegt, bei der die genannten Therapien nicht ausreichen, sei besondere Aufmerksamkeit geboten, so die Interpretation der Studienautoren. Die Patienten sollten sich engmaschigen Kontrolluntersuchungen unterziehen.

Zur Therapie kommen also verschiedene Cremes und Gels in Betracht, aber auch mechanische oder physikalische Methoden. Zu letzteren gehören Laser, Vereisung mit flüssigem Stickstoff oder auch elektrischer Strom. Bei einer Laserbehandlung wird die geschädigte Haut schichtweise abgetragen. Sie kann auch bei Krebs-Frühstadien eingesetzt werden. In Deutschland ist das bei anerkannten beruflichen Hauterkrankungen zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung möglich, aber noch nicht in der Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Hautkrebs bei langjährig sonnenexponierten Außenbeschäftigten ist bereits die zweithäufigste anerkannte Berufskrankheit: Aktuell gibt es etwa 6000 Fälle jährlich, 800 davon sind mit erheblichen Rentenansprüchen verbunden. Insgesamt sind hierzulande sieben Millionen Außenbeschäftigte vorsorgeberechtigt. Das heißt, dass sie sich regelmäßig bei einem Dermatologen vorstellen sollen.

Hautärzte weisen generell darauf hin, dass die Haut nicht vergisst. Sonnenschutz sollte – nicht nur bei Kindern – ausreichend, durchaus auch bei bedecktem Himmel und unter Umständen mehrmals täglich wiederholt aufgetragen werden. Einen halben Liter Sonnenschutzcreme sollte eine Familie für den Strandurlaub schon einplanen, so eine Empfehlung.

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