225 Arbeitsplätze in Gefahr

Ungewissheit bei Dortmunder Chiphersteller nach untersagtem China-Verkauf

In Dortmund mag man Nashörner, auch Elmos hat eins vor dem Firmensitz.
In Dortmund mag man Nashörner, auch Elmos hat eins vor dem Firmensitz.

Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal ist sauer und macht daraus auch kein Geheimnis. Der SPD-Politiker hält das Verbot des Verkaufs der Waferproduktion des Halbleiterunternehmens Elmos an das schwedische Unternehmen Silex, das sich in chinesischem Besitz befindet, für falsch. In der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag polterte Westphal, dass er den Verdacht habe, dass nicht wirtschaftspolitisch, sondern »symbolistisch« entschieden worden sei. Er glaubt, dass sich Wirtschaftsminister Robert Habeck hier nicht gegen Außenministerin Annalena Baerbock habe durchsetzen können. 

Wirtschaftspolitisch gibt es aus Westphals Sicht keinen Grund, den Verkauf abzulehnen. Die Waferfertigung von Elmos sei veraltet, es gehe bei ihr nicht um kritische Infrastruktur. Die von Elmos produzierten Wafer seien wie »Trabi-Motoren«, und wenn ein chinesisches Unternehmen alle Trabi-Motoren in Deutschland kaufen würde, sei das sicher auch keine Gefahr für die deutsche Autoindustrie, so der Sozialdemokrat.

Ganz von der Hand zu weisen sind die Vorwürfe des Dortmunder Oberbürgermeisters wohl nicht. Elmos wurde 1986 gegründet. Bei dem Unternehmensteil, der verkauft werden sollte, handelt es sich um die Waferproduktion. Wafer sind runde, dünne Platten, die gewissermaßen den Grundstock für Mikrochips bilden. Das Problem mit den von Elmos produzierten Wafern ist, dass sie relativ groß sind. Das Unternehmen, das vor allem Halbleiter für die Autoindustrie produziert, setzt schon zu einem großen Teil auf kleinere Wafer, die es auf dem Markt kauft. Die eigene Produktion umzustellen, lohne sich nicht, teilte das Unternehmen im Dezember des vergangenen Jahres mit, als der geplante Verkauf an Silex der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde. Silex wiederum könne die Wafer gebrauchen. Das Unternehmen ist in der Medizintechnikproduktion tätig. Dort gebe es nicht den Trend zu immer kleineren Wafern.

Den Verkauf der Waferproduktion hatte das Bundeskabinett in der vergangenen Woche unter Bezugnahme auf das Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Dies ist möglich, wenn »wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland« gefährdet sind. Neben Elmos war auch das bayerische Unternehmen ERS Electronic betroffen. Der 50 Mitarbeiter beschäftigende Spezialist für Wafertests sollte ebenfalls an ein Unternehmen in chinesischem Besitz verkauft werden.

Bei Elmos ist man alles andere als glücklich über das Verkaufsverbot. Der Prüfungsprozess hatte sich fast ein Jahr lang hingezogen. Nach Angaben des Unternehmens standen Silex und Elmos in engem Austausch mit Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums. Von dort sei auch schon eine Entwurfsfassung der Genehmigung des Verkaufs an die Unternehmen übermittelt worden. Die Entscheidung, den Verkauf zu verbieten, sei »ohne vorherige Anhörung von Silex und Elmos unmittelbar vor dem Ende der Prüfungsfrist« erfolgt. Elmos kündigte an, den nun erfolgten Bescheid genau zu prüfen und möglicherweise rechtliche Schritte gegen das Verkaufsverbot einzulegen.

Ungewissheit bedeutet das Verkaufsverbot für die 225 Mitarbeiter in der Waferproduktion von Elmos. Der Verkauf an Silex hätte eine langfristige Perspektive für die Arbeitsplätze gebracht, so ein Unternehmenssprecher zu »nd«. Elmos selbst hätte noch bis 2027 aus der ehemals eigenen Produktion Wafer bezogen. Wie es jetzt weitergehen wird, sei unklar. Erst einmal will Elmos das Verkaufsverbot prüfen. Dortmunds Oberbürgermeister Westphal fürchtet, dass die 225 Arbeitsplätze verloren gehen könnten. 

Die SPD im Dortmunder Stadtrat sieht nun den Bund am Zug. Nachdem dieser den Verkauf gestoppt habe, könne er sich jetzt »nicht einfach rausziehen«, sondern müsse aktiv daran mitwirken, Perspektiven für die Dortmunder Chipfabrik zu entwickeln. Die örtliche CDU, die das Verkaufsverbot befürwortet, sieht die lokale Wirtschaftsförderung in der Pflicht, sich um Lösungen für die Waferfertigung zu bemühen. Die Christdemokraten halten allerdings auch eine Schließung der Fabrik für verkraftbar und behaupten, die Angestellten hätten gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

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