Der Druck zur Umverteilung wächst

Die Gewerkschaft IG BAU fordert eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Krisenkosten

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Druck auf die Bundesregierung wächst, Vermögende für die Finanzierung der Energiepreiskrise zur Kasse zu bitten. Die IG BAU hat eine Resolution beschlossen, in der sie die Einführung einer Vermögensabgabe zum Ausgleich der aktuell hohen Ausgaben des Staates fordert, wie die Gewerkschaft am Montag mitteilte. »Die Menschen spüren die Auswirkungen von Pandemie und Klimafolgen, Krieg, Energiekrise und Inflation sehr deutlich«, heißt in der Resolution. Es sei wichtig, »den Sozialstaat und seine Handlungsfähigkeit zu erhalten«. Dafür sollen laut der Gewerkschaft hauptsächlich große Vermögen von Multimillionären herangezogen werden.

Zuletzt schlugen auch die sogenannten Wirtschaftsweisen vor, einkommensstarke Haushalte für die Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen über einen befristeten Energiesoli oder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes zur Kasse zu bitten. Bei den Gewerkschaften macht man sich schon länger für eine stärkere Heranziehung von Gutverdienern und Vermögenden zur Finanzierung der Krisenkosten stark. »Wir müssen jetzt den privaten Reichtum in die Pflicht nehmen, um die Aufgaben unserer Zeit zu bewältigen«, forderte etwa jüngst Verdi-Chef Frank Werneke. Auch sieht das DGB-Steuerkonzept neben einem höheren Spitzensteuersatz die Wiedererhebung der 1996 ausgesetzten Vermögenssteuer vor.

Im Gegensatz zur Vermögenssteuer kann eine Vermögensabgabe, wie sie die IG BAU fordert, nur einmal erhoben werden. Dafür notwendig ist eine Ausnahmesituation, die zu einem besonderen Finanzbedarf des Staates führt. Deshalb wurde die Forderung nach einer solchen Abgabe in Krisenzeiten meist lauter. Als Vorbild dient der 1952 in der Bundesrepublik beschlossene Lastenausgleich. Durch eine solche Vermögensabgabe könnte der Staat einen dreistelligen Milliardenbetrag einnehmen. Die Linkspartei ließ im Jahr 2020 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung berechnen, dass sich das Aufkommen auf rund 310 Milliarden Euro beliefe, wenn man die reichsten 0,7 Prozent mit einem privaten Nettovermögen von über zwei Millionen Euro beziehungsweise über fünf Millionen Euro bei Betriebsvermögen dafür zur Kasse bittet.

Auch Politiker*innen von SPD und Grünen sprechen sich immer wieder für eine Vermögensabgabe aus. Um die Krisenbewältigung ebenso zu finanzieren wie Investitionen in Zukunft und Zusammenhalt, »brauchen wir eine solidarische Vermögensabgabe der Superreichen«, erklärte SPD-Co-Chefin Saskia Esken Ende Oktober bei den Jusos. Der Koalitionspartner FDP lehnt aber Steuererhöhungen strikt ab.

So stimmten am 10. November die Regierungsfraktionen geschlossen gegen einen Antrag der Linksfraktion zur Einführung einer Vermögensabgabe. Man müsse die Realitäten sehen, sagte dazu der SPD-Abgeordnete Tim Klüssendorf. Die Koalition habe sich nicht darauf einigen können, in diesem Bereich aktiv zu werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal