Werbung

Erste Hinrichtung seit Protestbeginn im Iran

Exekutierter soll ein Mitglied einer paramilitärischen Miliz verletzt haben

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.

Erstmals seit Beginn der Proteste im Iran vor fast drei Monaten ist ein Todesurteil gegen einen Demonstranten vollstreckt worden. Am Donnerstag wurde ein 23-jähriger Mann hingerichtet, der bei einer Straßenblockade in Teheran ein Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Milizen verletzt haben soll, wie die iranische Justiz mitteilte. Bei Protesten am 25. September habe der »Randalierer« Mohsen Schekari den Sattar-Khan-Boulevard in Teheran blockiert und einen Basidschi-Milizionär mit einer Machete an der Schulter verletzt, erklärte die iranische Justizbehörde auf ihrer Website Misan Online. Am Donnerstagmorgen sei er hingerichtet worden.

Ein Revolutionsgericht in Teheran hatte Schekari demnach am 1. November wegen »Kriegsführung gegen Gott« verurteilt – einer der schwersten Straftatbestände des iranischen Rechts. Am 20. November habe das Oberste Gericht die Berufung abgewiesen und damit die Vollstreckung des Urteils erlaubt. Laut der Justizbehörde wurde Schekari für schuldig befunden, »in der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Ordnung und Sicherheit der Gesellschaft zu stören« gekämpft und seine Waffe gezogen zu haben.

Bundesaußenministerin Baerbock kritisierte die iranische Führung über Twitter: »Die Menschenverachtung des iranischen Regimes ist grenzenlos.« Schekari sei in »einem perfiden Schnellverfahren« abgeurteilt und hingerichtet worden, »weil er anderer Meinung als das Regime war«. Die Drohung einer Hinrichtung werde aber »den Freiheitswillen der Menschen nicht ersticken«.

Auch das französische Außenministerium verurteilte die Hinrichtung scharf. Sie stehe in einer Reihe mit anderen »schwerwiegenden und inakzeptablen Verstößen« im Iran, sagte die Ministeriumssprecherin Anne-Claire Legendre. Der britische Außenminister James Cleverly zeigte sich »schockiert«. Die Welt könne nicht die Augen »vor der blinden Gewalt verschließen, die das iranische Regime gegen sein eigenes Volk verübt«.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte sich »entsetzt«. Die Hinrichtung entlarve die Unmenschlichkeit »des sogenannten iranischen Rechtssystems«. Der Leiter der Organisation Iran Human Rights (IHR), Mahmood Amiry-Moghaddam, forderte eine starke internationale Reaktion – »sonst müssen wir täglich mit Hinrichtungen von Demonstranten rechnen«. Schekari sei »in Schauprozessen ohne ordentliches Verfahren zum Tode verurteilt worden«, schrieb er auf Twitter. Amnesty International hatte Anfang des Monats gewarnt, dass im Iran mindestens 28 Menschen wegen der Proteste hingerichtet werden könnten und erklärt, dass »die Behörden die Todesstrafe als Mittel der politischen Repression einsetzen, um den Volksaufstand zu beenden«.

Der Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi, der bis Ende November selbst im Iran in Haft saß, warnte die Regierung in Teheran vor »schwerwiegenden Folgen«. »Einem Menschen das Leben zu nehmen, bedeutet uns allen das Leben zu nehmen. Haben Sie genug Galgen?«, schrieb er auf Twitter. 
Mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal