Unibesetzung fürs Klima

In Leipzig besetzen fürs Klima Engagierte den größten Hörsaal der Universität. Die Leitung zeigt sich gesprächsbereit

  • Jessica Ramczik
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwischen Transparenten, beschriebenen Tafeln und zusammengerollten Isomatten plenieren Studierende im Audimax der Uni Leipzig. Kein so ein ungewöhnliches Bild: Denn dies ist eine Besetzung. Seit Montag besetzen etwa 20 Studierende rund um das Bündnis »End Fossil: Occupy!« (etwa: Schluss mit Fossilen: Besetzen!) dauerhaft das Audimax der Universität Leipzig. Warum ausgrechnet eine Uni Ziel der Besetzung ist, erklärt Niclas Fiedler, Pressesprecher des Bündnisses: »Es geht um mehr als nur einen symbolischen Akt. Es uns darum, dass auch eine Uni sich an die eigenen Versprechen halten muss, dass sie bis 2030 klimaneutral wird, und um die Vorbildfunktion der Bildungsstätte Universität.«

Mit der Besetzung des Hörsaals wolle man an das anknüpfen, was vor vier Jahren mit Fridays for Future und Schüler*innen auf den Straßen begonnen hat, so Fiedler. Austragungsort der aktuellen Klimaproteste sollen nun auch Universitäten werden. Eigenen Angaben zufolge hatte die Gruppe in den vergangenen Monaten mehr als 40 Hörsäle weltweit besetzt. Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hatte die von »End Fossil: Occupy!« besetzten Räumlichkeiten Anfang Dezember noch am selben Tag durch die Polizei räumen lassen. »Universitäten sind sowohl Ort der Verhandlung als auch Teil des Problems. Immerhin stoßen auch Universitäten CO2 aus. Außerdem wird hier in die Zukunft investiert. Hier werden Menschen ausgebildet, die später eventuell zu einem Wandel beitragen sollen«, sagt Fiedler.

Geht es nach den Aktivist*innen, dann soll die Uni Leipzig bis 2030 klimaneutral werden und ein verpflichtentes Modul zur Klimapolitik einführen. Die Forderungen der Besetzer*innen sind weitreichend und gehen weit über Symbolik und Hochschulpolitik hinaus: Ausstieg aus der Profitorientierung des Energiesektors, Übergewinnsteuer für fossile Energieträger und ein ticketloser ÖPNV gehören zu ihren Forderungen. Außerdem stelle man sich gegen den Abriss des Ortes Lützerath, der der Erweiterung des Tagebaus Garzweiler zum Opfer fallen soll.

Die Hochschulleitung der Universität Leipzig zeigte sich verhandlungsbereit: »Wir sind dauerhaft mit den Besetzer*innen im Gespräch«, so Carsten Heckmann, Pressesprecher der Universität. Den Besetzer*innen habe man ein Positionspapier vorgelegt, in dem die Maßnahmen der nächsten Jahre dargelegt sind, um eine klimaneutrale Hochschule zu werden. Aus Sicht der Uni sollte diese als gemeinsame Erklärung der Einigung von Besetzer*innen und Universität fungieren. Den Besetzer*innen war dies nicht genug. Man legte ein eigenes Positionspapier mit vehementen Forderungen vor. »Mit dem vorgelegten Papier erfüllt die Uni nur das, was sie sowieso vorhatte«, kritisiert Helena Arweiler, weitere Sprecherin des Bündnisses.

Die Gespräche mit einer Delegation der Besetzer*innen laufen zur Stunde weiter. Eine weiter andauernde Besetzung könne kein Ziel sein, heißt es seitens der Uni. Konkrete Räumungspläne gibt es derzeit nicht. Dennoch kollidiere die Besetzung mit dem Lehrbetrieb. Täglich sind ungefähr 2000 Studierende von der Besetzung betroffen. Die Fakultäten finden hiermit ihren eigenen Umgang. Einige weichen auf Online-Veranstaltungen aus. Doch spätestens am Freitag soll der Hörsaal wieder für den normalen Lehrbetrieb nutzbar sein. Angehende Jurist*innen halten dort eine Prüfung im Fach Strafrecht ab.

»Unser Anliegen ist es nicht, die Lehre zu stören oder zu beeinträchtigen. Wir haben ein Interesse daran, dass diese gewährleistet bleibt«, sagt Arweiler. Eine weitere Nacht der Besetzung ist aber nicht ausgeschlossen. »Bislang geht es uns hier noch gut, wir veranstalten Workshops und zeigen heute Abend eine Doku. Es ist hier sogar wärmer als zu Hause«, so Arweiler.

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