Wie funktionieren die Preisdeckelungen?

Es ist kompliziert: Was ist die Grundlage der Berechnungen von Abschlägen? Und wer wird wie entlastet?

Seit September waren sie im Gespräch, nun wurden sie beschlossen: die Strom- und Gaspreisbremsen. Die Regierung will Verbraucher und Industrie angesichts der stark gestiegenen Energiepreise entlasten. Die Maßnahme wird im März in Kraft treten, rückwirkend soll es auch Entlastungen für Januar und Februar geben.

Umsetzen müssen die Preisbremsen die Energieversorgungsunternehmen. Diese haben wiederum bereits gewarnt, die Umstellung sei »herausfordernd«. Haushalte sollen ab März 2023
automatisch niedrigere monatliche Abschläge bei ihren Versorgern zahlen. Bei Zentralheizungen müssen Vermieterinnen und Vermieter oder die Hausverwaltungen die Entlastung über die Nebenkostenabrechnung an die Verbraucherinnen und Verbaucher weitergeben.

Die Rechnungen für Verbraucherinnen und Verbraucher sind kompliziert: Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert bekommen. Für Wärmekunden soll der Preis bis zur 80-Prozent-Grenze 9,5 Cent betragen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der ganz normale Vertragspreis gelten, so soll es einen Anreiz zum Sparen geben.

Doch was ist der bisherige Verbrauch? Als Wert genommen wird der prognostizierte Verbrauch im September 2022. Dabei gibt es auch Fallstricke, die dazu führen könnten, dass manche nicht von den Preisbremsen erreicht werden. Denn wer 2021 oder 2022 neu in eine Wohnung eingezogen ist, hat in der Regel einen Heizkostenabschlag, den der Vermietende festlegt. Dieser richtet sich demnach nicht nach dem individuellen Verbrauch und wird nicht selten niedriger angesetzt, als realistisch wäre. Vor allem Familien, die einen höheren Verbrauch als etwa Ein-Personen-Haushalte haben, könnten davon betroffen sein.

Auch Unternehmen beklagen dieses Problem und argumentieren damit, dass der Verbrauch während des Coronajahres 2021, nach dem sich die Abschlagszahlung für 2022 richtet, aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen niedriger gewesen sei als in den Jahren zuvor. Dass also der tatsächliche Verbrauch höher war als der prognostizierte Verbrauch im September.

Zum Problem eines möglicherweise ungewöhnlich niedrigen prognostizierten Verbrauchs im Jahr 2022, etwa wegen Lieferengpässen, Infektionsschutzmaßnahmen oder auch Hausrenovierung, gibt die Bundesregierung lediglich bekannt, Energielieferanten würden »in der Regel
– zumindest teilweise« eine Korrektur dieser Sondereffekte vornehmen.

Ähnlich wie die Gaspreisbremse funktioniert auch die Strompreisbremse. Sie sieht vor, dass Haushalte und kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Diesen Rabatt übernimmt der Bund gegenüber den Energieversorgern, die verpflichtet sind, den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Entlastungsbetrag gutzuschreiben.

Für die Industrie wird der Preis pro Kilowattstunde auf 7 Cent gedeckelt. Bei Wärme liegt er bei 7,5 Cent. Die gesetzlich festgelegten Preise gelten für Industriekunden aber lediglich für 70 Prozent des Jahresverbrauchs im Jahr 2021. Diese industrielle Gaspreisbremse gilt für rund 25 000 Unternehmen und etwa 1900 Krankenhäuser.

Auch wer mit Stoffen heizt, die nicht über Leitungen ins Haus fließen, wird entlastet. Hierfür müssen Betroffene jedoch einen Antrag stellen. Nutzen können diese Entlastung Verbraucherinnen und Verbraucher von Heizöl, Pellets, Flüssiggas und Kaminöfen. Die Hilfen sollen bis zu 2000 Euro betragen. Details sollen später in einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern festgeschrieben werden.

Die Strom- und Gaspreisbremsen reihen sich ein in vorhergegangene Maßnahmen der Regierung, die die Preissteigerungen abfedern sollen. Doch ein Großteil der Menschen ist bisher unzufrieden mit den Entlastungen. 57 Prozent sind der Meinung, bisherige Maßnahmen zur Abfederung der Preissteigerungen reichen nicht. Vor allem diejenigen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von bis zu 1500 Euro im Monat sind mit 65 Prozent besonders häufig eher oder sehr unzufrieden. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag veröffentlichte repräsentative Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Nur jeder Sechste der Befragten gibt demnach an, durch die bisherigen Entlastungspakete spürbar entlastet worden zu sein. Allerdings rechnen der Umfrage zufolge gut vier von zehn Befragten damit, von den künftigen Entlastungen bei Gas, Fernwärme und Strom spürbar entlastet zu werden.

Die Preisbremse für Gas- und Wärme gilt für das ganze Jahr 2023; eine Verlängerung bis April 2024 ist laut Wirtschaftsministerium »angelegt, müsste aber noch gesondert entschieden werden«. Zu der Kritik, die Preisbremsen seien sozial ungerecht, teilt die Regierung mit, eine Erhebung über die Bedürftigkeit einzelner Verbrauchergruppen würde eine lange Vorlaufzeit und aufwändige Verfahren erfordern. Für den sozialen Ausgleich sei vorgesehen, dass die Entlastung ab einer bestimmten Einkommensschwelle zu versteuern ist. Die entsprechenden Regelungen müssen noch beschlossen werden.

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