Zweitrangige Klimapolitik

Die deutsche Treibhausgas-Emissionsbilanz 2022 war ziemlich schlecht

Strom- und Gasverbrauch gesenkt, Anteil der erneuerbaren Energien gestiegen – eigentlich hätte es mit Blick auf den Klimaschutz in Deutschland im vergangenen Jahr nicht schlecht aussehen dürfen. Doch das Zwischenziel bei der Minderung der Treibhausgas-Emissionen wurde nach vorläufiger Berechnung erneut klar verfehlt.

Wenn insbesondere Grünen-Politiker der Ampel jetzt auf den schlicht untätigen FDP-Verkehrsminister zeigen, ist das zwar faktisch richtig, aber gleichzeitig gefährlich. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um das gemeinsame Erreichen einer guten Gesamtbilanz in einem zentralen Politikbereich. Außerdem: Beim Gebäudesektor hakt es unter SPD-Führung ebenfalls gewaltig. Und der grün dominierte Energiebereich hätte eben mehr liefern müssen. Auch hier liegt einiges im Argen, wie der wieder gewachsene Braunkohleanteil beim Strom zeigt. Würde man nur halb so viel Elan in den Ausbau der Erneuerbaren stecken wie in den Aufbau einer fossilen Flüssiggas-Infrastruktur, gäbe es kein Kohlerevival. Und der Weiler Lützerath könnte weiter seine Existenz am Tagebaurand fristen. 

Die Koalition ordnet aber seit Monaten praktisch alles der Außenpolitik unter. Im Energiebereich ist der Klimaschutz bestenfalls noch zweitrangig; das Desaster im Verkehrs- und Gebäudesektor – übrigens auch in der Landwirtschaft – fällt angesichts einer die Reihen schließenden außenpolitischen Konfrontation kaum mal auf. Es wird Zeit, die Verhältnisse zurechtzurücken. Die Ampel hatte einst ein geeignetes Klimaschutz-Sofortprogramm versprochen, um Tempo zu machen. Und es ist auch klar geregelt, dass die jeweiligen Sektoren bisher Versäumtes zeitnah nachholen müssen. Wie wäre es damit, aus papiernen Zielen eine echte Handlungsanweisung zu machen?

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.