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Bundesanwaltschaft fordert fünf Jahre Haft
Sechs Jahre nach der Verschleppung von Trinh Xuan Thanh nach Vietnam will das Berliner Kammergericht nun sein Urteil gegen einen Helfer sprechen
Im Prozess gegen einen mutmaßlichen Entführungshelfer des 2017 aus Berlin entführten Geschäftsmannes Trinh Xuan Thanh forderte die Generalbundesanwaltschaft am Montag eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung. »In der Hauptverhandlung hat sich der Sachverhalt aus der Anklageschrift im Wesentlichen bestätigt«, sagte der Bundesanwalt vor dem Berliner Kammergericht. Der Angeklagte ist in Deutschland wegen des Transportes von mehr als 100 Gewehren vorbestraft.
Im Sommer 2017 war der nach Deutschland geflohene frühere Wirtschaftsfunktionär Trinh Xuan Thanh vom vietnamesischen Geheimdienst nach Hanoi entführt worden. Dort sitzt er weiterhin in Haft. Der Vorfall legt bis heute einen Schatten über die deutsch-vietnamesischen Beziehungen.
Dem zum Tatzeitpunkt 26 Jahre alten Anh Tu L., einem vietnamesischen Staatsbürger, der als Jugendlicher nach Prag gezogen war, wird die Teilnahme an der Ausspähung des späteren Entführungsopfers in Berlin zur Last gelegt. Er steht erst jetzt vor Gericht, weil er sich unmittelbar nach der Tat nach Vietnam abgesetzt hatte. 2022 wurde er beim Versuch, wieder nach Prag zu reisen, festgenommen.
Anh Tu L. soll während der geheimdienstlichen Operation zudem als Fahrer geholfen haben. Während des eigentlichen Kidnappings im Berliner Tiergarten hielt er sich nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft in der Umgebung des Tatortes auf, wie die Daten seines Handys nachwiesen. Für die Anklage blieb offen, ob er am Steuer des Entführungsfahrzeuges saß, an der Sicherung des Tatortes beteiligt war oder aber ob er selbst zum Kidnapperteam gehörte. Weiter soll der Angeklagte am Steuer eines von mindestens zwei Fahrzeugen gesessen haben, die drei Tage später in einer Kolonne das Entführungsopfer und etliche Entführer in die slowakische Hauptstadt Bratislava fuhren. Das zeigen ebenfalls seine Handydaten sowie Fotos der slowakischen Autobahnüberwachung. Von Bratislava wurde Trinh Xuan Thanh bekanntlich mit einem slowakischen Regierungsflugzeug aus dem Schengenraum bis nach Moskau gebracht.
Aus Sicht der Generalbundesanwaltschaft war der Angeklagte zwar kein Geheimdienstmitarbeiter, aber er wurde für diese Aktion angeworben. Die hohe Zahl seiner Telefonkontakte zu Geheimdienstlern zeigten, dass er wissentlich und willentlich an dem Tatgeschehen teilnahm.
Das sah Petra Schlagenhauf, die Anwältin des entführten Trinh Xuan Thanh, die vor Gericht als Nebenklägerin auftritt, ebenso. »Von diesem Gericht muss die Botschaft ausgehen, dass geheimdienstliche Kommandoaktionen auf deutschem Boden nicht straflos bleiben«, forderte sie.
Hingegen fordert die Verteidigung einen Freispruch für L. »Ich habe keinen Zweifel, dass es diese Entführung durch den vietnamesischen Geheimdienst gab«, führte Verteidiger Marvin Schroth aus. »Die Frage ist aber, wie mein Mandant daran beteiligt war.« Herr L. sei in den Tatplan nicht eingebunden gewesen. Er sei lediglich der Kraftfahrer und Wasserträger eines Polizeioffiziers gewesen.
Unstrittig war es aus Verteidigersicht zwar, dass sich L. an mehreren Orten aufgehalten hatte, an denen das Entführungsopfer ausgespäht wurde. Das ließe aber keinen Schluss auf das Vorliegen einer geheimdienstlichen Agententätigkeit zu. »Es war nicht zwingend, ihn in den Tatplan einzuweihen.« Wieso L. dann aber mehrfach von einem Ausspähungsort aus Vietnams stellvertretenden Geheimdienstchef anrief, der die Entführung in Berlin mutmaßlich koordinierte, blieb von der Verteidigung unerwähnt.
Am 23. Januar will das Berliner Kammergericht sein Urteil verkünden. 2018 verurteilte das Gericht einen anderen Entführungshelfer zu drei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe.
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