Endlich queeres Gedenken

Erinnerungskultur auch für Minderheiten

  • Kirsten Achtelik
  • Lesedauer: 2 Min.

Das ist lange überfällig: 78 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedachte der Bundestag am Freitag erstmals der lesbischen, schwulen und transgeschlechtlichen Opfer des Nationalsozialismus.

Etwas mehr als zwei Jahre nach der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe werden nun auch die einst vermeintlich Perversen in den Kreis der zu ehrenden Opfer aufgenommen. Erst 2017 hatte der Bundestag die NS-Urteile nach Paragraf 175 aufgehoben und die noch lebenden Opfer rehabilitiert und entschädigt. Das pathologisierende Transsexuellengesetz, das zwei psychologische Gutachten für eine simple Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags erfordert, gibt es allerdings weiterhin.

Lange galt, wie auch die Sterilisierung behinderter Menschen im Nationalsozialismus, die Verfolgung Homosexueller als kein spezifisches NS-Unrecht. Mit Opfergruppen, die auch in der Nachkriegszeit staatlicherseits Diskriminierung erlitten, tun sich die Bundesrepublik und ihre Erinnerungskultur oftmals schwer. Menschen mit Behinderung sowie Sinti*zze und Rom*nja sind erst vor Kurzem als wichtige Opfergruppen mit ihren eigenen wichtigen Geschichten anerkannt worden. Die als »Asoziale« und »Schwerverbrecher« Verfolgten fehlen weiterhin häufig im offiziellen Gedenken.

Umso wichtiger ist es, dass sich die verschiedenen Opfergruppen nicht weiter gegeneinander ausspielen lassen. Auch Forscher*innen widmen sich verstärkt den bisher vernachlässigten Opfern. Dabei zeigt sich immer wieder, wie sehr der Blick durch die Kategorienbrille der Nazis die Sicht verstellt – wer welchen Winkel im KZ trug, sagt nicht viel darüber aus, wie die Person gelebt hat. Der Opfer als Menschen und nicht als Kategorien zu gedenken, bleibt dabei die wahre Aufgabe.

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