- Kommentare
- Feministische Außenpolitik
Bloß kein Feminismus
Ulrike Wagener über den Koalitionsstreit um Außenpolitik
Die Grundlage feministischer Außenpolitik ist eine antikapitalistische und antimilitaristische Zukunftsvision. Sie geht davon aus, dass die patriarchale Herrschaft von Männern über Frauen sowie das System der Nationalstaaten die gesellschaftliche Spirale von Krieg und Gewalt aufrechterhalten. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, FDP und Grüne zwar einer »Feminist Foreign Policy« verpflichtet, ihre Definition bleibt aber weit entfernt von diesem ganzheitlichen Verständnis. Die Grünen, auf die dieser Paragraf zurückgeht, haben mit ihren Positionen zu Lützerath, Waffenlieferungen und zögerlichen Reformen zur Gleichstellung demonstriert, dass sie weder Kapitalismus, Militarismus noch Patriarchat abschaffen wollen. Geeinigt hatte man sich darauf, Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit zu stärken, mehr Frauen in internationale Führungspositionen zu bringen und eine über 20 Jahre alte UN-Resolution zum Schutz von Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten umzusetzen.
Für die Bundesregierung wäre es entscheidend, die Phrase der feministischen Außenpolitik endlich mit konkreten Maßnahmen zu füllen. Dass sich die Liberalen nun dagegen stemmen, einen entsprechenden Antrag ins Parlament einzubringen, der ihren Werten in keiner Hinsicht gefährlich wird, ist albern: Offenbar will ein Teil der FDP auf keinen Fall mit Feminismus assoziiert werden. Schon bei den Verhandlungen hatte die Partei darauf bestanden, den Begriff ausschließlich auf Englisch zu verwenden. Doch Annalena Baerbock als grüne Außenministerin hätte auch längst praktische Schritte einleiten können: Sei es hinsichtlich einer Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg oder vereinfachten Visaverfahren für Frauen und Mädchen aus Afghanistan. Das wäre mindestens genauso wichtig wie das grundsätzliche Bekenntnis zu feministischer Außenpolitik.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.