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  • Biathlon-WM 2023 in Oberhof

Der erste WM-Traum von Deutschlands Biathleten zerplatzt

Platz sechs für Mixed-Staffel zum Auftakt der Biathlon-WM in Oberhof

Vanessa Voigt kann sich mit der Mixed-Staffel weiterhin nicht anfreunden.
Vanessa Voigt kann sich mit der Mixed-Staffel weiterhin nicht anfreunden.

»Das ist Staffel«, sagte Vanessa Voigt konsterniert und meinte damit das ewige Auf und Ab in eben diesem Biathlon-Wettbewerb. Geht es der einen schlecht, holt die nächste wieder auf, bevor der Dritte das gerade gebaute Haus wieder einreißt. Zum Auftakt der Heim-Weltmeisterschaften in Oberhof haben die deutschen Biathleten in der Mixed-Staffel den erhofften Medaillen-Auftakt verpasst. Wie befürchtet scheint nur Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick für Edelmetall gut zu sein. Zu viert aber reichte es für die jeweils zwei besten deutschen Frauen und Männer am Mittwochnachmittag nur zu Rang sechs. Der erste Titel ging – wenn auch etwas knapper als erwartet – an Favorit Norwegen.

WM-Ergebnisse

Mixed-Staffel (4 x 6 km)

1. Norwegen 1:04:41,9 h
2. Italien + 11,6 s
3. Frankreich + 55,9
6. Deutschland +1:26,5 min
 (Voigt, Herrmann-Wick, Doll, Rees)

»Ich habe nach den Olympischen Spielen noch eine Rechnung offen mit der Mixed-Staffel«, hatte Startläuferin Voigt vor dem WM-Rennen eine Kampfansage gewagt. In Peking hatte sie schließlich mit zwei Strafrunden ihr Team hoffnungslos zurückfallen lassen. Doch auch dieses Mal lief es nicht optimal für die 25-Jährige: Kurz vor dem ersten Schießen fädelte ihr Stock bei einer Kontrahentin ein und sie verlor den Anschluss an die Spitze »Plötzlich stand ich komplett. Als dann alle wegliefen, setzte mich das noch mehr unter Druck. Mir fällt das Schließen so einer Lücke schwerer als anderen.« Insgesamt zwei Nachlader ließen Voigt auch beim Schießen nichts mehr aufholen. Stattdessen verlor sie in der Loipe weiter an Zeit auf die Gesamtweltcupführende Julia Simon aus Frankreich. Der Rückstand beim Wechsel betrug bereits gut eine Minute.

Danach aber setzte Herrmann-Wick zur großen Aufholjagd an, überholte mit nur einem Schießfehler acht Staffeln und halbierte den Rückstand auf Gold auf nur noch 26 Sekunden. In Führung lag nun das italienische Team, das Dorothea Wierer nach vorn katalputiert hatte. Die Medaille war jetzt aber auch für die auf Platz drei vorgepreschten deutschen Biathleten wieder greifbar.

Was eben noch so gut lief, ging beim ersten Männer-Vertreter dann aber gründlich schief. In der Loipe hielt Benedikt Doll noch gut mit, doch schon beim Liegendschießen verfehlte er die Hälfte seiner acht Schüsse – Strafrunde! Prompt war der Abstand wieder auf mehr als eine Minute angewachsen. »Eine Strafrunde ist nie besonders toll, aber eine Staffel ist erst vorbei, wenn der Letzte im Ziel ist«, versuchte sich Herrmann-Wick noch im Zweckoptimismus. Der Rückstand aber war zu groß geworden.

Dabei hatte speziell Doll dem Auftakt dieser WM-Tage eine große Bedeutung beigemessen, sollte er doch dem Heimteam schnell den Erfolgsdruck nehmen: »Es ist blöd, wenn man von Anfang an hadert und das Ganze nicht ins Laufen kommt. Hat man stattdessen sofort etwas vorzuweisen, kann das das gesamte Team lockern«, so Doll.

Nun aber hatte er selbst den ersten Medaillentraum platzen lassen. »Das ärgert mich schon sehr. Es lag nicht am Wind, sondern mein Schießen war vogelwild. Das war eine Katastrophe. Für so ein schlimmes Schießen trainiert man nicht 20 Jahre Biathlon«, zeigte sich Doll später bitter enttäuscht. »Das tut mir wirklich leid für die anderen Teammitglieder, vor allem weil uns Denise so stark wieder ins Rennen zurückgebracht hatte.«

Auf Platz sieben übergab er an Schlussläufer Roman Rees, der auf Fehler der Allerbesten um Norwegens Überläufer Johannes Thingnes Bø hoffen musste. Den Gefallen tat ihm aber kaum noch jemand. Mehr als eine Position konnte der Schwarzwälder nicht mehr gutmachen. Bei insgesamt acht Schießeinlagen waren die vier deutschen Starter nur zweimal fehlerfrei geblieben. Zwar hatten auch andere Teams bei besten Witterungsbedingungen Probleme am Schießstand – auch Norwegen musste eine Strafrunde laufen. Doch außer Herrmann-Wick fehlen den Deutschen in der Teildisziplin Laufen ein paar Prozent zur Weltspitze. Damit sind sie noch mehr als andere Favoritenteams auf ein gutes Schießen angewiesen. Das gelang diesmal aber überhaupt nicht.

Immerhin bieten sich in Oberhof ab Freitag noch elf weitere Gelegenheiten für den Gewinn von WM-Medaillen, und vor dem Heimpublikum zeigte sich zumindest Herrmann-Wick in Galaform. »Das war eine richtig geile Stimmung. Ich hoffe, wir werden uns in den kommenden Tagen noch davon tragen lassen«, sagte sie. Speziell dem Kollegen Benedikt Doll wäre eine solche Aufmunterung des Gemüts zu wünschen.

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