Tesla ist da – Wohnungen, Kitas und Schulen fehlen noch

Im Umfeld der Autofabrik gibt es für das Land Brandenburg und die Kommunen sehr viel zu tun

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Im März vergangenen Jahres startete in der Tesla-Fabrik in Grünheide die Produktion von Elektroautos, aber das Industriegelände macht noch immer einen halbfertigen Eindruck. Wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Ansiedlung müssten erst noch gelöst werden, erläuterte Rainer Genilke am Montagabend auf dem Wirtschaftsforum Brandenburg im Potsdamer Dorint-Hotel. Der CDU-Politiker ist Staatssekretär im brandenburgischen Infrastrukturministerium und freut sich darüber, wie der drittgrößte Automobil-Standort Deutschlands in beeindruckender Geschwindigkeit errichtet wurde.

Wegen der Fällung von Bäumen und wegen des Trinkwasserbedarfs »entstand eine nicht ganz einfache Situation«, räumte Genilke ein. Wenn US-Amerikaner Land erwerben, »dann glauben sie, sie können darauf machen, was sie wollen«. So sei ihnen unter anderem neu gewesen, dass eigens verlegte Schienenwege »auch anderen zur Verfügung stehen müssen«.

Genilke zufolge sind bei Tesla in Grünheide inzwischen 9500 Mitarbeiter im Dreischicht-System tätig, im Endausbau sollen es 40 000 sein. »Jetzt nehmen sie mir auch noch den letzten Facharbeiter weg«, werde es laut Genilke wohl bei örtlichen Handwerkern heißen – in einer Region, die ohnehin schon ein wachsendes Fachkräfteproblem hat. Er sprach aber auch von einer durchaus gewollten Sogwirkung: Im Windschatten des US-Konzerns Tesla entstünden weitere Industrievorhaben, so in Guben und Klettwitz. Brandenburg streife sein Image ab, demzufolge die Industrie einen Bogen um das Bundesland mache.

Am Ende sollten in Grünheide täglich so viele Elektroautos gefertigt werden, wie auf 24 Güterzüge passen. Dabei werde der europäische Markt in den Blick genommen, allein der deutsche Markt wäre eher Nebensache, ließ der Staatssekretär durchblicken. Folgerichtig gehört auch ein Güterbahnhof zur Investition. Die Verlegung und Verlängerung des Bahnhofs Fangschleuse für den Personenverkehr bezahlt laut Genilke der Staat. Tesla wolle aber auf dem mehr als 400 Fußballfelder großen Firmengelände einen eigenen Bahn-Shuttle einrichten. Nicht alle Mitarbeiter sollen mit dem Auto kommen, egal ob Benziner oder Elektroauto.

Noch ungeklärt ist, wie die zweigleisige Bahnstrecke Berlin-Frankfurt (Oder) die Zusatzbelastung bewältigen soll. Die Regionalzüge fahren zur Hauptverkehrszeit alle 20 Minuten, dazu kommen Güterzüge und Fernzüge nach Warschau. »Das wird schnell an seine Grenzen stoßen«, sagt Genilke. Die Erweiterung der Schienen-Infrastruktur sieht er als größte Herausforderung. Dass es bislang noch keinen Verkehrsinfarkt gegeben habe und auch der mit der Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER vorausgesagte Kollaps ausgeblieben sei, mache allerdings Mut.

Angesichts des Fachkräftemangels erscheint es für Genilke ausgeschlossen, dass der sprunghaft anwachsende Bedarf an Industriearbeitern aus der Region heraus gedeckt werden kann. Beschäftigte müssten außerhalb angeworben und davon überzeugt werden, sich in der Umgebung niederzulassen, also zum Umzug in ein jetzt schon »hoch besiedeltes Gebiet«, wie Genilke betont. Wo genau Zehntausende neue Mitarbeiter mit ihren Familien unterkommen sollen, bleibt ungeklärt. Weite Anfahrwege von Berlin-Spandau oder Polen, die Beschäftigte derzeit noch auf sich nehmen, sind aus der Sicht Genilkes auf die Dauer unhaltbar.

Bei Erweiterungsplänen bot der Staatssekretär den Kommunen im Umfeld von Tesla Unterstützung an. Es gebe allerdings auch Kommunen, die einen weiteren Zuzug gar nicht wollen und sich dagegen stemmen, merkte der Staatssekretär an. Außerdem müsse es nicht nur Wohnungen für die Familien geben, sondern auch Kitas und Schulen. Es sei niemandem zuzumuten, sein Kind in einen anderthalb Stunden entfernten Kindergarten zu bringen. Die Linke fordert übrigens schon lange, dass Tesla Geld für den Bahnhof Fangschleuse dazugibt.

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