Synodaler Weg: Zaghafte Reformen bei Katholiken

Konservative Bischöfe verhindern strukturelle Veränderungen in der Kirche

Als im Februar 2020 die erste Versammlung des Synodalen Wegs stattfand, waren die Erwartungen groß. Zehn Jahre sprachen Katholik*innen in Deutschland über sexuellen Missbrauch. Die 2018 vorgestellte MHG-Studie hatte die Dimension der Taten im kirchlichen Kontext verdeutlicht. Und sie hatte auch klar gezeigt, dass es systemische Ursachen für den Missbrauch gibt. Diese Ursachen sollte der Synodale Weg angehen. Viele Gewissheiten der römisch-katholischen Kirche sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Wie geht man mit Homosexuellen um? Welche Rolle haben Frauen in der Kirche? Müssen Priester wirklich ehelos leben? Kann es eine demokratischere Kirche geben? Fragen, die die über 200 Delegierten des Synodalen Wegs bis zu ihrer letzten Sitzung am Wochenende in Frankfurt am Main beschäftigten.

Fragen, die auch bis zum Schluss für Enttäuschungen bei den reformorientierten Katholik*innen sorgten. Grund dafür: eine Minderheit besonders konservativer Bischöfe. Diese müssen Beschlüssen des Synodalen Wegs mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zustimmen. Dass sie sich verweigern können, hatten sie bei einem Text zur kirchlichen Sexualmoral gezeigt, der bei der Sitzung im vergangenen September beschlossen wurde. Vor diesem Hintergrund und nach Warnungen aus dem Vatikan, dass die deutschen Katholiken es mit ihren Alleingängen nicht zu weit treiben sollten, war fraglich, wie die Bischöfe sich bei der letzten Synodalversammlung verhalten würden.

Sie wurden zu Blockierern und Bremsern. Unmittelbar vor der Versammlung hatten die Bischöfe zu jedem der noch zu beschließenden Texte Änderungsanträge eingereicht. Ein Beispiel: Im Text zu Paarbeziehungen wurde die »sakramentale Ehe« zwischen Mann und Frau klar herausgestellt. Segensfeiern soll es auch für homosexuelle und wieder verheiratete Paare geben. Dies wird zumindest empfohlen, allerdings sollen Priester dies auch ablehnen können. Von der Forderung nach einer Ehe für alle, die besonders von jungen, progressiven Katholik*innen gefordert wurde, ist der beschlossene Text weit entfernt.

Die bischöfliche Tendenz zur Abschwächung der Texte zog sich durch. Der Pflichtzölibat für Priester soll vom Vatikan nur »geprüft« werden. Eine Aussage für dessen Abschaffung gibt es nicht. Weiheämter für Frauen? Der Synodale Weg wünscht sich nur noch, dass Frauen Diakonin werden können, das niedrigste Weiheamt in der römisch-katholischen Kirche. Priesterinnen werden nicht gefordert. Bemerkenswert, die Öffnung des Diakonats für Frauen hatte auch schon die Würzburger Synode im Jahr 1975 gefordert. Das Reformprojekt aus den 1970er Jahren könnte in seiner Wirkung beispielgebend für den Synodalen Weg werden. Es wurde viel geredet, Papiere wurden beschlossen, doch ihre Auswirkungen blieben gering, da man allzu oft nur die römische Autorität befragte oder mit Bitten an sie herantrat.

Ganz und gar nicht auf Konfrontationskurs mit Rom wollten die Bischöfe beim Synodalen Weg in der Frage nach gemeinsamen Leitungsgremien in Bistümern und Pfarreien gehen. Ein entsprechender Text wurde erst durch Änderungen abgeschwächt und dann nach einer Abstimmung zur weiteren Debatte in den noch zu gründenden Synodalen Ausschuss gegeben. Im Vorfeld hatte der Vatikan sich klar gegen eine Teilung der Macht ausgesprochen. Dies stelle die Autorität der Kleriker in Frage. Versuche, die Machtteilung als nicht bindende Selbstverpflichtung zu kennzeichnen, reichten einem relevanten Teil der Bischöfe nicht aus.

Was bleibt? Viele Texte und Beschlüsse, die zu einer moderneren Kirche führen könnten, aber deren Umsetzungsperspektive noch völlig unklar ist. Das Versprechen, die Kirche zu verändern, kann vom Synodalen Weg nicht gehalten werden, da helfen auch zahlreiche Erfolgsmeldungen nicht. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und gemeinsam mit dem Limburger Bischof Georg Bätzing Präsidentin des Synodalen Wegs, drückte es nach Ende der Versammlung so aus: »Wir haben es nicht geschafft, die katholische Kirche in Deutschland strukturell wirklich zu verändern.« Dreieinhalb Jahre hätten dafür nicht gereicht. Sie »bedauere es zutiefst«, dass eine kleine Gruppe von Bischöfen den strukturellen Wandel verhindern wolle. Es könne nicht gelingen, das »Übel des Missbrauchs« an den Wurzeln zu fassen, wenn »hierachische Macht« dies verhindern wolle und Transparenz verhindert werde.

Noch deutlicher als Stetter-Karp ist Gregor Podschun, Vorsitzender vom Bund Deutscher katholischer Jugend. Der Synodale Weg habe zwar etwas bewegt, sei aber »in seinem Kern doch gescheitert«. Es habe an Mut gefehlt, um die strukturellen und systemischen Probleme zu beheben. Die Erwartungen an Veränderungen, die es gerade bei jungen Katholik*innen gegeben habe, seien »enttäuscht worden«. Podschun bedauert, dass es nicht nur Verzagtheit sei, die Reformen blockiert habe, sondern dass »diskriminierende Strukturen gewollt aufrechterhalten« werden sollten.

Welche Auswirkungen die Beschlüsse des Synodalen Wegs auf die katholische Kirche haben, bleibt fraglich. Die konservativen Kräfte werden auf den vom Papst angestoßenen Prozess einer Weltsynode setzen. Er gibt ihnen erst einmal Zeit und es ist damit zu rechnen, dass dort nicht so weitgehende Reformideen unterstützt werden wie in Deutschland. Die deutschen Reformkräfte wollen sich mit anderen progressiven Katholik*innen in die Weltsynode einbringen.

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