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Simulierte Beteiligung

Runder Tisch gegen Lehrkräftemangel: Berliner Elternvertreter ziehen enttäuschendes Fazit

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie können trotz des Personalnotstands an Berlins Schulen Lehrkräfte entlastet werden? Genau dieser Frage sollte sich ein im vergangenen Sommer von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) einberufener Runder Tisch annehmen. Nach nur drei Präsenztreffen und einer Onlinesitzung ist der Tisch jetzt schon wieder abgeräumt worden. »Dass das eine so kurzweilige Sache wurde, hat uns angesichts des Themas doch sehr überrascht«, sagt Landeselternsprecher Norman Heise. Noch mehr zeigt sich der Teilnehmer der jeweils nur gut zweistündigen Treffen aber enttäuscht von dem von der Bildungsverwaltung kurz nach der Wiederholungswahl präsentierten Papier zu den Ergebnissen des Runden Tischs.

Weniger Klassenarbeiten im vierten Semester der gymnasialen Oberstufe, Entlastung der Lehrkräfte von unterrichtsfernen Tätigkeiten, stärkere Einbindung anderer Berufsgruppen in den Schulalltag: Gegen die insgesamt sechs Maßnahmen aus dem Haus von Noch-Bildungssenatorin Busse will Norman Heise gar nichts sagen. Das seien zugleich aber alles Dinge, die die Bildungsverwaltung ohnehin geplant hätte. »Dagegen findet sich hier nichts, was wir am Runden Tisch gemeinsam erarbeitet haben«, sagt Heise. »Als wir im Landeselternausschuss das Papier durchgegangen sind, fühlten wir uns ein Stück weit vor den Kopf gestoßen.«

Auch deshalb hat der Landelternausschuss jetzt eine mehrseitige Stellungnahme veröffentlicht, in der er vor allem auf jene Punkte eingeht, die von der Bildungsverwaltung geflissentlich ignoriert worden seien. Ob es nun um die Überarbeitung der sogenannten Stundentafel geht, die Reduzierung der Klausuren in der Mittelstufe oder die Gewinnung zusätzlichen Personals. Viele Ideen, die beim ersten Treffen im September zur Sprache kamen, seien von der Bildungsverwaltung rasch »beiseitegelegt« worden, kritisieren die Elternvertreter. Und: »Zeit für die Weiterentwicklung oder Konkretisierung möglicher alternativer Ansätze war nicht eingeplant.«

Qualität, Digitalisierung oder eben Lehrkräftemangel: Die Bildungsverwaltung ist bekannt für eine barock ausladende Zahl an Beiräten und sonstigen Gremien zu unterschiedlichsten Themen. Dem Runden Tisch mit dem eigenartigen Titel »Lehrkräftefehl« war dabei das von Astrid-Sabine Busse vor gut einem Jahr offen kommunizierte Ausmaß des zu erwartenden Personalmangels im Schuljahr 2022/2023 vorausgegangen.

Norman Heise sagt, er habe anfangs durchaus an das Format geglaubt: »Ich dachte wirklich, dass es ein offener Austausch wird.« Letztlich habe man bei den späteren Treffen aber nur noch »unsinnigerweise Zusammenfassungen der vorherigen Sitzungen bekommen«. Wirkliche Konzepte seien nicht entstanden. Der besagte Sechs-Punkte Plan sei letztlich nicht mehr als »eine einseitige Darstellung der Bildungsverwaltung ohne vorherige Absprache mit den Teilnehmenden des Runden Tisches«, so das Fazit des Elternausschusses. »Das alles hat bei uns den Eindruck hinterlassen, dass das Ganze nur eine Simulation von Partizipation war«, sagt Heise.

»Der Runde Tisch ist gescheitert – sowohl inhaltlich als auch auf der Prozessebene«, sagt dann auch Louis Krüger. Der schulpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus kritisiert hier nicht zuletzt die »geschlossenen Strukturen« des Gremiums selbst, an dem weder die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) noch das berlinweit aktive Bildungsbündnis »Schule muss anders« beteiligt wurden. Krüger sagt: »So ist der Runde Tisch zu einem Gremium verkommen, in dem die Bildungsverwaltung ihre ohnehin geplanten Maßnahmen hat abnicken lassen.«

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