Kuba: Teilerfolg im Altschuldenstreit

Urteil von britischem Gericht: Anleihe-Investor darf Staat nicht als Bürgen haftbar machen

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.

»Republik Kuba gewinnt Rechtsstreit in London: CRF ist kein Gläubiger des kubanischen Staates«, titelte die Tageszeitung »Granma« am Mittwoch nach einem Urteil des High Courts in der britischen Hauptstadt. Dieselbe Schlagzeile wählte das staatliche Onlineportal Cubadebate. Und Präsident Miguel Díaz-Canel twitterte: »Kuba hat auch in London gewonnen. Wieder einmal haben die Feinde der Nation verloren. Ihre Lügen prallten auf ein professionelles und angesehenes Gericht.«

Es geht um einen richtungsweisenden Rechtsstreit um einen Teil kubanischer Altschulden, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen. Bei genauerer Betrachtung ist das Urteil keineswegs so eindeutig, wie es die kubanischen Medien darstellen. Worum ging es? Die Investmentfirma CRF, die im Steuerparadies auf den Kaimaninseln gegründet wurde, hatte die kubanische Nationalbank BNC im Jahr 2020 auf die Zahlung von rund 72 Millionen Euro für zwei Darlehen aus dem Jahr 1984 und überfällige Zinsen verklagt. Gläubiger waren ursprünglich die europäischen Geldhäuser Crédit Lyonnais Bank Nederland und Istituto Bancario Italiano gewesen. Eine außergerichtliche Einigung war zuvor gescheitert. Kubas Zentralbank bezeichnete CRF vor Prozessauftakt als »Geierfonds« und erklärte, dieser habe die Schuldtitel unrechtmäßig erworben und dabei sogar auf Bestechung eines hochrangigen Beamten zurückgegriffen. Auch fungiere die Schuldnerin BNC heute nicht mehr als Zentralbank. 

CRF wies die Vorwürfe zurück und erklärte, man habe jahrelang versucht, mit Kuba über eine Umstrukturierung seiner Schulden zu verhandeln, ohne eine Antwort zu erhalten. Der Fonds war gegründet worden, um in kubanische Staatsanleihen zu investieren, deren Rückzahlung nicht gewährleistet ist. Bereits im Jahr 2017 belief sich das Portfolio auf 1,2 Milliarden Euro. Investoren wie CRF kaufen in der Regel nicht mehr bediente Kredittitel zum Schleuderpreis auf und verklagen dann den Schuldner vor internationalen Gerichten auf Rückzahlung des vollen Betrags. Solche Geschäfte sind hochriskant, aber im Erfolgsfall sehr profitabel.

Richterin Sara Cockerill vom High Court in London erkannte zwar an, dass die BCN nicht mehr den kubanischen Staat vertritt, vertrat aber die Auffassung, dass CRF die Schuldtitel einst rechtmäßig von der einer britischen Tochtergesellschaft der chinesischen Bank ICBC erworben hat. Infolge dieses Urteils ist die Republik Kuba, die CRF als Bürgen für die Schulden verklagt hatte, nicht mehr Teil des Gerichtsverfahrens. Die Investmentfirma ist aber laut Richterin Cockerill berechtigt, die Bedienung der Schulden von der kubanischen Zentralbank als Rechtsnachfolgerin der BNC einzufordern. Gegen das Urteil können die Parteien Berufung einlegen.

»Die CRF ist nach wie vor bestrebt, mit Kuba eine Lösung zu finden, die den kubanischen Haushalt für mindestens fünf Jahre nicht belastet, und zwar in Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sich das Land befindet«, erklärte der CRF-Vorstandsvorsitzende David Charters im Anschluss an den Richterspruch. »Die BNC war die kubanische Zentralbank und ist nach wie vor für die Verwaltung dieser unbezahlten kubanischen Schulden verantwortlich«, so Charters weiter. Er sprach seinerseits von einem »vollständigen Sieg« für seine Gesellschaft.

Das Verfahren wird von anderen privaten Gläubigern Kubas genau beobachtet, die Schulden im Wert von insgesamt sieben Milliarden US-Dollar von Havanna zurückzuerhalten versuchen. Im Jahr 2015 hatte der Karibikstaat ein historisches Abkommen mit dem Pariser Club unterzeichnet – das informelle Gremium staatlicher Gläubiger erließ 8,5 Milliarden US-Dollar der Gesamtschuld von 11,1 Milliarden US-Dollar mit der Verpflichtung, den Restbetrag in Raten bis 2023 zurückzuzahlen. Im Sommer 2021 einigte sich die Regierung in Havanna mit dem Pariser Club auf einen Zahlungsaufschub. Kuba konnte wegen der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Krise und der Verschärfung der US-Blockade seine Schulden nicht mehr bedienen. Mit seinen privaten Gläubigern hat Kuba bis dato keine Einigung erzielt und bleibt deswegen von den internationalen Kapitalmärkten ausgeschlossen.

Es wird nun erwartet, dass CRF die Klage gegen Kubas Zentralbank fortsetzt. Über eine Rückzahlung der Schulden wird dann in einem gesonderten Verfahren entschieden werden. Sollte ein Gericht in Zukunft die Zahlung von mehr als 70 Millionen Euro anordnen, könnte diese jedoch nur auf Kosten der Vermögenswerte und Ressourcen der BNC eingetrieben werden. Durch die Aufnahme des kubanischen Staates als »Bürgen« der Schulden hätte CRF im Erfolgsfall über ein breiteres Spektrum an möglicherweise pfändbaren Vermögenswerten und Rechten verfügt. Bei Nichtzahlung der Schulden hätten Vermögenswerte im Besitz der kubanischen Regierung wie Öltanker oder Offshore-Gesellschaften beschlagnahmt werden können. Mit dem Londoner Urteil droht diese Gefahr nun nicht mehr. Und so ist es zumindest ein wichtiger Teilerfolg für Kuba.

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