- Politik
- Russischer Oppositioneller
Wladimir Kara-Mursa: Preis des Nicht-Schweigens
Der Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa wird in Russland wegen Hochverrats angeklagt
Er sei ein »wahrer russischer Patriot«, sagt Jewgenija Kara-Mursa über ihren Mann Wladimir. Ein Mensch, der sich für die Wahrung der Menschenrechte im Land und für die Verfolgung der Verbrecher des aktuellen Regimes einsetzt.
Seit gut 25 Jahren mischt sich Wladimir Kara-Mursa als Journalist und Politiker in die russische Gesellschaft ein, war Mitglied verschiedener Mitte-Rechts-Parteien, ließ sich als Duma-Kandidat auch von der grün-liberalen Jabloko unterstützen, verlor aber nach Wahlmanipulationen gegen den Regierungskandidaten. Später wurde der 41-Jährige zum Vertrauten des im Jahr 2015 erschossenen Oppositionsführers Boris Nemzow und steht bis heute dem russischen Regierungskritiker Michail Chodorkowski nahe.
Sein größtes Ziel, Präsident Wladimir Putin aus dem Präsidentenamt zu vertreiben, hat Kara-Mursa nie erreicht. Dabei kostete ihm die Gegnerschaft zum Kreml zwei Mal fast das Leben. 2015 und 2017 wurde der Politiker vergiftet, überlebte beide Male nur knapp. Trotzdem machte Kara-Mursa weiter, wurde Vorsitzender der Boris-Nemzow-Stiftung und 2019 Vizepräsident der von Exilrussen in den USA gegründeten Stiftung Freies Russland. Nachdem diese ins Visier der russischen Behörden geriet, verließ Kara-Mursa die Stiftung, weil er auch weiterhin in Russland aktiv bleiben wollte.
Kara-Mursa blieb auch in Russland, nachdem Putin den Befehl zum Angriff auf die Ukraine gegeben hatte und erhob seine Stimme gegen den Krieg. Seit einem Jahr sitzt er deswegen bereits im Gefängnis. Angeblich soll Kara-Mursa Falschnachrichten verbreitet und Hochverrat begangen haben. Dafür beantragte die Staatsanwaltschaft vor wenigen Tagen 25 Jahre Haft. Für Kara-Mursa kam die harte Forderung nicht überraschend. »Ich kenne mein Urteil. Das ist in Russland der Preis des Nicht-Schweigens«, sagte er in seinen letzten Worten an das Gericht.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.