Rheinmetall präsentiert kleinen Drohnenbomber

Der Starrflügler »Luna« soll intelligente Granaten abwerfen können

Die »Luna« soll bis zu acht Quadrokopter mit Sprengköpfen abwerfen können.
Die »Luna« soll bis zu acht Quadrokopter mit Sprengköpfen abwerfen können.

Rheinmetall will seine Drohnen vom Typ »Luna« mit intelligenter Munition ausrüsten. Der rund drei Meter lange Starrflügler soll dazu Granaten befördern, die an Quadrokoptern mit vier Propellern montiert sind und selbständig ins Ziel fliegen können. Details machte der Düsseldorfer Rüstungskonzern am Mittwoch in einem Video auf Youtube bekannt. Die Drehflügler-Munition entwickelt Rheinmetall zusammen mit der israelischen Firma Uvision. Dort gehört sie als »Hero-R« zur Produktfamlie, die Uvision als »herumlungernde Munition« vermarktet.

Die Bedeutung »herumlungernder Munition« auf dem Schlachtfeld nimmt rasant zu, dies ist besonders in der Ukraine zu beobachten. Im Bereich der unbemannten Luftfahrzeuge haben derzeit die Verteidiger aus Kiew die Nase vorn, massenhaft werden Quadro- oder Multikopter zur Aufklärung, aber auch für Kamikaze-Angriffe mit kleinen Sprengköpfen beschafft. Piloten fliegen die kleinen Fluggeräte mithilfe von Videobrillen ins Ziel, bei der Detonation wird auch das Trägersystem zerstört. Sind die bewaffneten Drehflügler im Verbund mit einem bemannten oder unbemannten Aufklärungssystem unterwegs, werden diese als »Sensor-to-Shooter Kit« bezeichnet.

Der Drohnenbomber von Rheinmetall und Uvision kann den Angaben zufolge bis zu acht selbst fliegende Granaten befördern. Rheinmetall bezeichnet die Technologie als »Gamechanger zum Schutz eigener Truppen und zur Bekämpfung taktisch relevanter Ziele«. Sie ist für das Heer gedacht, die Reichweite der »Hero 1« soll deshalb selbstfahrenden Geschützen ähnlich sein. Hinsichtlich des Trägersystems wären indes weitaus größere Entfernungen möglich: Über Funk gesteuert kann die »Luna« laut Herstellerangaben bis zu 100 Kilometer weit fliegen.

Die abgeworfenen Drehflügler-Granaten sollen sich mit 70 km/h ins Ziel stürzen, ihre Verweildauer über gegnerischem Gebiet wird mit bis zu zehn Minuten angegeben. Die fliegenden Sprengköpfe sind im Vergleich zu den übrigen Modellen der »Hero«-Familie allerdings eher klein und sollen im Nahkampf etwa für Angriffe auf Schützengräben oder einzelne Trupps von Soldaten genutzt werden. Laut Medienberichten können aber auch panzerbrechende Sprengköpfe zum Einsatz kommen.

Die Ausrüstung der »Luna« mit kleinen, bewaffneten Drohnen haben Rheinmetall und Uvision bereits im Dezember angekündigt, ein Jahr zuvor hatten die beiden Rüstungskonzerne eine entsprechende Kooperation begonnen. Die Weiterentwicklung der »Luna« bot sich an, nachdem ihr einstiger Hersteller EMT aus dem bayerischen Penzberg 2021 Insolvenz anmeldete.

Rheinmetall kaufte die mittelständische Ingenieursfirma für 32 Millionen Euro und stieg damit nach einer langen Pause wieder ins Geschäft mit militärischen Drohnen ein. Ab 2010 hatte der Konzern die israelischen Drohnen »Heron 1« für die Bundeswehr in Afghanistan betrieben, diesen Vertrag übernahm nach wenigen Jahren die damals gegründete Daimler AG und später Airbus.

Rheinmetall hat bereits in den Nullerjahren an »herumlungernder Munition« für das Heer geforscht, ein serienreifes Produkt entstand daraus aber nicht. Das anvisierte »Wirkmittel zur Abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen« (WABEP) sollte ebenfalls aus zwei verschiedenen Flugdrohnen bestehen, die aber getrennt voneinander unterwegs sein sollten: Ein »Kleinflugzeug Zielortung« sollte die militärische Aufklärung übernehmen und Ziele markieren, das dann mit Kamikazedrohnen des israelischen Konzerns IAI zerstört werden sollten.

Das Verteidigungsministerium wollte zwei Systeme mit jeweils 42 Kamikazedrohnen beschaffen, entschied sich jedoch am Ende dagegen. Zur Begründung hieß es, die Entwicklung des WABEP hätte sieben Jahre gedauert und wäre aus damaliger Sicht bei einer Einführung 2019 »technisch veraltet gewesen«. Ein Jahr später griff Aserbaidschan das armenische Arzach an, dies gilt als der erste zwischenstaatliche Krieg, in dem bewaffnete Drohnen – darunter auch »herumlungernde Munition« von Rheinmetalls damaligem Partner IAI – eine Schlüsselrolle gespielt haben.

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