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EU schickt militärische Cybertruppe nach Moldau
Nach Ukraine zweiter Einsatz von »Schnellen Reaktionsteams«
Die Europäische Union bereitet ein »Schnelles Cyber-Reaktionsteam« für die Republik Moldau vor. Die Regierung in Chisinau soll damit bei der militärischen »Sicherung ihres nationalen Cyberraums« unterstützt werden. Das teilte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner (Grüne) am Mittwoch in der Fragestunde des Bundestages mit. Dort hatte sich der Linke-Abgeordnete Andrej Hunko nach den Einheiten erkundigt.
Nachdem Moldau den Status als EU-Beitrittskandidat beantragt hat, ist die Entsendung einer Cybertruppe die erste militärische Unterstützungsmaßnahme aus Brüssel. Zuständig dafür ist der Auswärtige Dienst, der von Josep Borrell, dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, geführt wird.
Der Einsatz von »Cyber-Reaktionsteams« erfolgt im Rahmen der »Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit« (SSZ oder engl. Pesco), mit der die EU ihre militärischen Fähigkeiten ausbaut. Sie waren vor vier Jahren die ersten militärisch einsetzbaren Einheiten im Rahmen der SSZ. Zu ihren Aufgaben gehört die Bestimmung der Herkunft von Cyberangriffen, außerdem sollen sie mit »Cyber-Werkzeugkästen« etwaige Bedrohungen »entschärfen«. Inwiefern die Cybertruppe dabei selbst in fremde Computersysteme eindringt, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis.
Die Brüsseler »Cyber-Reaktionsteams« können bei einem Angriff auf einen EU-Staat von dessen Regierung aktiviert werden. Möglich ist dies über die militärische Beistandsklausel oder die zivile Solidaritätsklausel, die beide in den EU-Verträgen verankert sind. Die »Reaktionsteams« können jedoch auch in »Partnerstaaten« entsendet werden. Ihre erste Mission erfolgte in der Ukraine, darum hatte die Regierung in Kiew eine Woche vor Beginn des Krieges gebeten. Zuvor soll es dort Cyberangriffe aus Russland auf staatliche Webseiten und Banken gegeben haben. Nach dem russischen Einmarsch wurde der EU-Cybereinsatz in der Ukraine nicht suspendiert, sondern aus der Ferne weitergeführt.
Die EU-Cybertruppe wird von Experten aus Kroatien, Estland, Litauen, Lettland, den Niederlanden, Polen und Rumänien gebildet. Mittelbar ist auch die Bundesregierung eng in die Cyberfähigkeiten des EU-Militärs eingebunden, denn die Bundeswehr leitet mit dem »Koordinierungszentrum für den Cyber- und Informationsbereich« ein weiteres Pesco-Projekt. Es führt alle verfügbaren Informationen zu Cyberbedrohungen zusammen und koordiniert die zivil-militärischen Abwehrmaßnahmen.
Auch die Nato hat nach Beginn des russischen Angriffskrieges »Cyber Support Teams« nach Moldau entsandt. Dort arbeiten sie mit den bereits vorhandenen EU-Strukturen zusammen. Vor einem Jahr hat der Auswärtige Dienst eine zivile »Krisenreaktionsmaßnahme« zur Erhöhung der Cybersicherheit und Bekämpfung von Desinformation beschlossen. EU-Unterstützung erhält Moldau außerdem bei der Erstellung einer nationalen »Cybersicherheitsstrategie«. Dazu gehört, dass die Regierung in Chisinau ein Gesetz zur Cybersicherheit erlassen hat.
Mit ähnlichem Schwerpunkt diskutieren die EU-Mitgliedstaaten derzeit über eine Mission der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, die zur Reaktion auf »hybride Bedrohungen« aus Russland auch geheimdienstliche Elemente enthalten soll. Darum hatte der Ministerpräsident der Republik Moldau die Union Ende Januar ersucht. Einen nicht öffentlichen Vorschlag für diese »Partnerschaftsmission der EU in Moldau« (EUPM Moldova) hat der Hohe Verteter Borrell vor drei Wochen vorgelegt. Nun fehlt noch ein entsprechender Beschluss des Rates.
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