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DFL: Zweifel vor der Abstimmung über den Einstieg eines Investors

Die Deutsche Fußball-Liga muss sich mit Kritik von Fans und Klubs auseinandersetzen

  • Daniel Theweleit, Köln
  • Lesedauer: 5 Min.
Wie die Fans des 1. FC Köln protestieren seit Wochen Anhänger bundesweit in den Stadien gegen die Pläne der DFL.
Wie die Fans des 1. FC Köln protestieren seit Wochen Anhänger bundesweit in den Stadien gegen die Pläne der DFL.

Ist den Verantwortlichen der Deutschen Fußball-Liga ein Fehler in der Tagesordnung unterlaufen? Oder handelt es sich bei dem geplanten Ablauf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der DFL an diesem Mittwoch um einen Seitenhieb auf den Kreis der Kritiker und Skeptiker des Investorenprojekts? In jedem Fall soll unter Punkt 4 der Agenda nach dem »Bericht über eine mögliche strategische Partnerschaft auf Liga-Ebene mit einem Private-Equity-Unternehmen« über die Fortsetzung dieses für den deutschen Klubfußball so wichtigen Projekts abgestimmt werden. Entgegen jeder Logik sollen anschließend unter Punkt 5 einige Anträge des FC St. Pauli verhandelt werden, in deren Mittelpunkt der Vorschlag steht, die Entscheidung in den August zu verschieben.

Das verstärkt den Eindruck vieler Beteiligter, dass hier etwas übers Knie gebrochen werden soll. »Wir reden hier von dem größten, komplexesten Deal seit der Bundesligagründung 1963«, meint St. Paulis Präsident und DFL-Präsidiumsmitglied Oke Göttlich: »Das kann man nicht so durchprügeln.« Genau das scheinen die treibenden Kräfte allerdings vorzuhaben, obgleich viele Fragen weiterhin ungeklärt sind.

Für rund zwei Milliarden Euro sollen 12,5 Prozent der noch zu gründenden und künftig für die Medienrechte zuständigen DFL-Tochter »MediaCo GmbH & KGaA« verkauft werden. Der 1. FC Köln hat in einem offenen Brief begründet, warum er gegen das Vorhaben stimmen wird. Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt und der Freiburger Oliver Leki, die derzeit als Interimsgeschäftsführer der DFL agieren, hätten als führende Köpfe des Projekts Alternativen »leider nicht hinreichend diskutiert oder geprüft«, monieren die Kölner. »Das größte ›Restrukturierungsprojekt‹ in der Geschichte des deutschen Profifußballs ausgerechnet in einer solchen Übergangsphase ohne etablierte Geschäftsführung zu starten, wirkt geradezu absurd.«

Zumal sich erst langsam abzeichnet, wie die Zusammenarbeit mit so einem Geldgeber aus der Private-Equity-Branche aussehen würde. Hellmann und Leki haben auf die Frage nach einer Einflussnahme eines Investors immer wieder von »roten Linien« gesprochen. Hoheitsrechte wie die Festlegung der Anstoßzeiten, die elementar wichtig für die Fanszenen sind, würden fest in der Hand der Klubs bleiben, versichern beide. Was sie nicht öffentlich sagen: Tiefgreifende Möglichkeiten zur Einwirkung auf Entscheidungen und Prozesse würde der Investor trotzdem bekommen. »Dass Private Equity irgendwo reingeht, zwei Milliarden Euro investiert und sagt: ›Wir verzichten auf Mitsprache an den Kernpunkten‹, das ist illusorisch. So arbeiten die nicht«, sagt Eckhard Sauren. Der Vizepräsident des 1. FC Köln ist ein ausgewiesener Branchenexperte, der mit seinem Finanzdienstleistungsunternehmen selbst 2,4 Milliarden Euro verwaltet.

Bernd Schröder, Vorstandsvorsitzender des FC Schalke, hat als früherer Geschäftsführer der Juwelierkette Christ sogar eigene Erfahrungen mit dem Investor Advent gemacht, der jetzt auch zum Kreis der möglichen DFL-Partner zählt. »Private Equity steht dir jeden Morgen auf den Zehenspitzen, wenn du die Business-Pläne nicht einhältst. Das ist eine erfolgsgetriebene, unternehmerische Kultur, die dadurch in den Verband kommen wird«, sagt Schröder. Vorgesehen ist ein »Begleitboard«, in dem Entsandte des Investors sitzen und das jenseits eines regen Alltagsaustausches eingeschaltet werden soll, wenn die Geschäftsführer der DFL sich nicht einig sind. Das wäre ein starker Hebel zur Einflussnahme.

Zwar hat sich in den vergangenen Wochen auch immer mal wieder deutlicher gezeigt, wie matt und energielos während der vergangenen Jahre im Ligaverband an der eigenen Zukunft gearbeitet wurde. Selbst die Kritiker aus Köln und vom FC St. Pauli räumen ein, dass hier frische Impulse von außen durchaus helfen würden. Ob die geplante Partnerschaft aber langfristig den erhofften Erfolg brächte, ist völlig ungewiss. Denn zum einen ist vorgesehen, dass neben den 750 Millionen Euro für gemeinschaftliche Digitalisierungs- und Internationalisierungsmaßnahmen auch 1,25 Milliarden an die Klubs ausgeschüttet werden. Diese Maßnahme macht den ohnehin immer ungleicheren Wettbewerb noch ungleicher, was der Attraktivität des gemeinsamen Produkts und damit auch den Wachstumschancen schadet.

Zum anderen steckt der Verlauf der höchstwahrscheinlich auf 20 Jahre beschränkten Zusammenarbeit voller Unsicherheiten. Ein derart langer Zeitraum sei in der Branche »eine sehr ungewöhnliche Konstellation, denn normalerweise liegt der Zeithorizont bei Private Equity eher bei fünf bis sieben Jahren«, erklärt ein Private-Equity-Experte, der lieber nicht namentlich genannt werden möchte und sagt: »Deswegen glaube ich, dass es einen früheren Exit geben wird.«

Nach Informationen dieser Zeitung ist im derzeitigen Konzept vorgesehen, dass der Investor seine Anteile nach acht Jahren weiterverkaufen darf, was Eingeweihte schon als »Verhandlungserfolg« für die DFL und deren Arbeit betrachten. Kaum absehbar ist, wer dann mit welchen Ambitionen einsteigen könnte. Etliche andere Details kennen nicht einmal die Klubvertreter, von denen sich immer noch viele schlecht informiert fühlen. Der Antrag des FC St. Pauli, die Entscheidung zu verschieben, ist daher gut begründet. Aber womöglich haben die 36 Vereine einer finalen Konkretisierung des Projektes bereits mit der nötigen Zweidrittenmehrheit zugestimmt, wenn sie darüber abstimmen sollen.

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