Fliegende Benzinkanister

Daniel Lücking zu den Luftkriegsübungen über Europa

Gleich mit zwei Übungen stellen die Nato und eine Reihe verbündeter Staaten bis zum 23. Juni 2023 ihre Fähigkeit zum Luftkrieg zur Schau. Seit Monaten werden dazu Flugzeuge und deren Wartungsgerät nach Europa verschifft und Einsatzräume bezogen. Eine Übung sei das, wird stets betont.

Das ruft unangenehme Erinnerungen hervor, als sich zuletzt Ende 2021 ein Übungsgeschehen den Weg in die Nachrichten bahnte. Übende Truppen wurden in grenznahe Gebiete bewegt, verzugslos als »Spezialoperation« propagandistisch verharmlost und gingen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine über.

Seit Ausbruch des Krieges hat sich vieles in der Sprache der verantwortlichen Generäle gewandelt. Unverblümt spricht Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz, der lange Zeit als Pressesprecher des Verteidigungsministeriums viele geschliffene Worte fand, um mit der Öffentlichkeit in den Austausch zu gehen. Jetzt nennt er atomwaffenfähige Kampfjets »alternativlos« und freut sich über eine »glaubwürdige Abschreckung«. Gerhartz bleibt aber die Erklärung schuldig, warum Nato-Übungen der vergangenen Jahre so unglaubwürdig gewesen sein sollten, dass Wladimir Putin dennoch die Ukraine angriff.

Auch sonst ist es beim obersten Chef deutscher Kampfflieger eher schlecht um die Glaubwürdigkeit bestellt. Über deutsche Eurofighter, die über finnischem Gebiet und damit in einem Nachbarland Russlands üben, gelangt am Tag nach Übungsbeginn nichts in die Presse. Gerhartz propagiert in dieser Woche lieber, dass in gut 14 Tagen, wenn die »Air Defender«-Übung startet, nur defensiv und eher wenig in Nähe der russischen Grenze geübt werde. Das Streichholz, das da gezückt ist, wird hoffentlich nicht zünden.

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