Lechzen nach Schwäche

Sarah Yolanda Koss über die Asylpolitik von CDU/CSU

Hat beinahe feministische Anwandlungen: Bundeskanzler Friedrich Merz
Hat beinahe feministische Anwandlungen: Bundeskanzler Friedrich Merz

Es ist doch irgendwie abstrus, wie konservative Parteien in allem danach streben, Stärke zu demonstrieren: in der Handelspolitik, in der Verteidigung – außer in Asyl- und Migrationsfragen. Hier ist das Gebot der Friedrich-Merz-CDU »Stärke durch Schwäche«. Aus feministischer Perspektive ist es grundsätzlich ganz schön, wenn alte weiße Männer einmal Empfindlichkeiten zulassen können. Tatsächlich handelt es sich aber auch in diesem Fall um eine Sache des Machtkalküls, mit niederschmetterndem Ergebnis.

Nach zahlreichen Schlappen (die Lockerung der Schuldenbremse mithilfe der verhassten Grünen, eine Kanzlerwahl im zweiten Durchgang dank der Linken, deren Mitarbeit die CDU doch eigentlich ablehnt) sieht sich die neue Regierungspartei nun umso mehr veranlasst, zu liefern. Und das hieß für sie, Merz’ Wahlversprechen einzulösen, die Grenzpolitik am ersten Tag der Regierung radikal zu verschärfen.

Just verkündete der frisch gebackene Innenminister Alexander Dobrindt, mehr Polizei an den deutschen Grenzen zu positionieren, um künftig auch Menschen mit Asylgesuch abweisen zu können. Das passiert im Übrigen bereits zu Hauf, wie beispielsweise die NGO Pro Asyl kritisiert, bisher allerdings im Verborgenen.

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Diesen Donnerstag marschierten jene Polizisten nun auf: in Bayern, wo Markus Söder die »Asyl-Wende« feierte, in Sachsen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Weil sich »Humanität und Ordnung« dabei die Wage halten sollen, gelten die Ausweisungen immerhin weiterhin nicht für Schwangere und Kinder. Alerta feminista, quasi.

Unklar bleibt, ob derlei Ausweisungen nach EU-Recht überhaupt vertretbar sind. Deshalb: Mut zur Schwäche! Schließlich gibt es die sogenannte Notlagenklausel, die greift, wenn die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit eines Landes bedroht sind. Eine Idee aus der europäischen Trickkiste, die auch Österreich gerade bemüht, um Familienzusammenführungen zu unterbinden.

Nun überbieten sich die (rechts-)konservativ regierten EU-Länder mit Argumenten dazu, wer besonders schlecht aufgestellt sei, um Asylanträge zu bearbeiten. Dabei scheint es pupsegal, dass sich diese in Deutschland derzeit auf einem verhältnismäßig niedrigen Niveau befinden – nicht einmal die Hälfte der Anträge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind bisher eingetrudelt. Statt das zuzugeben, räkelt sich die CDU im Selbstmitleid. Armes schwarzes Deutschland.

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