• Berlin
  • Haushaltsverhandlungen

Schwarz-Rot in Berlin: Ende der Flitterwochen?

Der neue Senat wird angesichts von Zinsen und Inflation sparen müssen. Die Kürzungen könnten die schwarz-rote Harmonie beenden.

Erstaunlich konfliktfrei sind die ersten sechs Wochen Schwarz-Rot verlaufen. Wohl auch, weil die Erinnerung an den chronischen Streit in der rot-grün-roten Vorgängerkoalition noch frisch ist, gibt man sich bei jeder Gelegenheit harmonisch, verliert nur gute Worte übereinander und lächelt gemeinsam in die Kameras.

Die jetzt anstehenden Doppelhaushaltsverhandlungen könnten der Harmonie ein Ende bereiten. Sechs Milliarden mehr, als das Budget vorsieht, haben die Senatsverwaltungen angemeldet, wie die »Berliner Morgenpost« berichtet. Dabei will Finanzsenator Stefan Evers (CDU) sparen. Ein ausgeglichener Haushalt sei angesichts der Inflation zwar nicht realistisch, aber zumindest wolle man konsolidieren, so Evers gegenüber dem »Tagesspiegel«. Mehr als 38 Milliarden Euro sollen daher nicht ausgegeben werden. Der neue Haushalt soll noch vor den Sommerferien verabschiedet werden.

Bei der Klausurtagung der Koalition in Groß Dölln in der Uckermark kamen die schmerzhaften Einschnitte erstmals auf den Tisch. Von Haushaltskürzungen wollte Finanzsenator Evers bei der anschließenden Pressekonferenz allerdings nicht sprechen und wählte lieber den wohlklingenden Euphemismus »Ausgabenpriorisierung«. An der Sache ändert das wenig: »Die Senatsverwaltungen müssen jetzt jeden Euro umdrehen und prüfen, ob er richtig investiert ist«, so Evers. Wo genau gestrichen werden soll, drang am Sonntag noch nicht in die Öffentlichkeit, aber vieles deutet darauf hin, dass vor allem solche Ausgaben dran glauben müssen, die unter der Vorgängerkoalition angemeldet wurden. Kürzungen könnte es aber auch bei der Polizei geben, dort soll weniger investiert werden. Unklar ist, ob das Modellprojekt für Bodycams bei Polizisten – Kostenpunkt rund vier Millionen Euro – wird starten können.

Offensiv kommuniziert der Senat dagegen über Vorhaben, die Priorität genießen sollen. Möglichst »zeitnahe« Verbesserungen soll es in der Verwaltung geben, so der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Das ist der wichtigste Punkt des Sofortprogramms, das der Senat bei der Klausur beschloss. Wohnungsummeldungen und Meldebescheinigungsanträge sollen demnach künftig online abgewickelt werden können. Durch die so frei werdenden Vor-Ort-Termine soll es dann möglich werden, innerhalb von 14 Tagen einen Termin bei einem Bürgeramt zu machen.

Falls das bekannt vorkommt: Es handelt sich um die Maßnahmen, die Rot-Grün-Rot bereits im Frühjahr auf Vorschlag des Chief Digital Officer Ralf Kleindiek (SPD) beschlossen hatte. Der amtierende Senat will die Vorhaben nun im Rahmen einer Verwaltungsreform noch vor der Sommerpause umsetzen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal