Vorbereitung auf die Dürre

Berlins Trinkwasserversorgung ist laut den Wasserbetrieben nicht gefährdet

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.

2022 war in Deutschland das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und deutlich zu trocken. Besserung ist in Anbetracht der Klimakrise erst einmal nicht in Sicht. Bislang ist das Trinkwasser in Deutschland gesichert. »Aber wir wissen, dass wir einiges tun müssen, damit das so bleibt«, sagt Wolf Merkel, Vorstand des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW).

Daher führte der DVGW das dritte Jahr in Folge eine Umfrage zur Resilienz und Versorgungssicherheit unter 357 öffentlichen Wasserversorgern in Deutschland durch, die insgesamt für rund 40 Prozent der Gesamtwasserabgabe 2022 verantwortlich waren. Darunter sind auch die Berliner Wasserbetriebe. Demnach war die Versorgung bei 90 Prozent der Unternehmen im vergangenen Jahr uneingeschränkt gewährleistet. Bei neun Prozent war sie zeitweise eingeschränkt, zum Beispiel bei der Gartenbewässerung und Poolbefüllung. Nur bei einem Prozent sei es teilweise zu Versorgungsausfällen gekommen.

Zudem hätten Trockenheit und Hitzeperioden in den vergangenen Jahren bereits zu vereinzelten Engpässen geführt. In zwölf Prozent der Fälle seien beispielsweise Brunnen zeitweilig trocken gefallen. Für den Sommer 2023 sähen 96 Prozent der Unternehmen jedoch keine oder nur eine geringe Einschränkung der Versorgungssicherheit, versichert Merkel zur Vorstellung der Umfrageergebnisse am Dienstag.

Allerdings zeige ein Vergleich mit den Vorjahren, dass die Auslastung zunehme. 2022 erreichten 31 Prozent der befragten Wasserversorger einen Ausnutzungsgrad der Förderkapazität von über 90 Prozent. 2018 habe dieser Wert noch bei 25 Prozent gelegen. »Deutlich über 90 Prozent können zu Einschränkungen führen wie einem Bewässerungsverbot im Garten«, erklärt Merkel. Daraus lasse sich schlussfolgern, dass es weiterer Maßnahmen bedürfe, »um die Wasserversorgung fit für die Zukunft zu machen«.

Notwendig seien individuelle Anpassungen der Infrastruktur, zum Beispiel durch die Erschließung neuer Gewinnungsgebiete, den Bau neuer Talsperren und Wasserspeicher oder den Ausbau von Fernleitungssystemen. Von der Politik fordert Merkel außerdem beschleunigte und vereinfachte wasserrechtliche Genehmigungsverfahren. Laut Wasserrecht müsse die Versorgung Vorrang vor anderen Nutzern haben, doch zahlreiche Wasserrechtsverfahren würden in den kommenden zwei Jahren auslaufen. »Da haben wir tatsächlich einen Missverstand«, findet Merkel und schlägt eine zeitliche Entfristung der Genehmigungen vor.

Auch Berlin leide unter Dürre und sinkendem Grundwasserspiegel, sagt Christoph Donner, der Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe. Durch den Kohleausstieg würden in der Region weitere sieben Milliarden Kubikmeter Grundwasser fehlen. Dennoch sei der Berliner Wasserkreislauf nicht gefährdet, »weil wir ein gutes, robustes Modell haben«, so Donner.

Unter anderem werde Abwasser aufbereitet und an der blau-grünen Infrastruktur gearbeitet. Bis 2030 würden die Wasserbetriebe rund sechs Milliarden Euro unter anderem in die Erneuerung von Grundwasserbrunnen und in eine bessere Abwasserreinigung investieren. Trotzdem »müssen wir uns verstärkt um die Zukunft kümmern«, sagt Donner, zum Beispiel um die Fragen, wie mit dem Wasserverbrauch der E-Auto-Fabrik des Tesla-Konzerns in Grünheide umgegangen wird, welche neue Ressource erschlossen werden und wie Regenwasser möglichst regional versickern kann.

Ralf Steeg hält von den Bemühungen der Berliner Wasserbetriebe nicht allzu viel. Er ist Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer des Wassertechnologieunternehmens Wite. Dass Regenwasser durch das »Schwammstadtprinzip« – also Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Speicherbehältnisse – aufgefangen und genutzt werden könne, sei seit Jahrzehnten bekannt. Stattdessen »fließt der Niederschlag von Berlin fast komplett in die Kanalisation«, kritisiert er gegenüber »nd«. Mit der Wassermenge könnte man auch sämtliche Parks, Gärten und Straßenbäume gießen und enorme Mengen an Trinkwasser sparen.

Von den Abwasserspeichern, die die Wasserbetriebe bauen müssten, sei gerade einmal die Hälfte fertig. Eine andere Sparmaßnahme, die er vorschlägt, sind Grauwasserkreisläufe, bei denen in Haushalten benutztes Wasser noch einmal wiederverwertet wird. »Die Wasserbetriebe haben das Thema komplett vertrödelt«, so Steegs Fazit.

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