- Kommentare
- Mindestlohn
Lars Klingbeil: Plötzlich Working Class Hero
Pauline Jäckels zu Klingbeils Mindestlohnforderung
Nachdem sich die Mindestlohnkommission letzte Woche für eine Erhöhung des gesetzlichen Minimallohns von ganzen 41 Cent aussprach, stellt sich der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil jetzt heroisch hinter die ausgebeutete Arbeiterklasse, indem er verspricht: Ab jetzt setzt sich seine Partei für 14 Euro ein! Und reiche Menschen will er auch noch höher besteuern. Besinnt sich der SPD-Parteiliebling jetzt etwa in einer Art Midlifecrisis auf seine rebellische Jugend zurück, in der er nicht nur als Sänger in einer Rockband, sondern auch als Antifa-Mitglied gegen das System ankämpfte?
Natürlich ist eine Erhöhung auf 14 Euro ganz dringend nötig. Denn die läppischen 41 Cent der Kommission würden aufgrund der Inflation immer noch einen realen Lohnverlust für Arbeitende bedeuten. Mal wieder werden diese ausgebeutet und unter-entlohnt in ihrer Armut sitzengelassen.
»Armutsschutz« sei sowieso »nicht Aufgabe der Kommission«, verteidigte deren Vorsitzende Christiane Schönefeld die Entscheidung. Nur wurde das Gremium bei seiner Gründung 2015 gesetzlich beauftragt, »die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu bewerten.« Zum Glück nimmt sich jetzt aber Lars dieser wichtigen Aufgabe an! Oder?
Linkssein ist kompliziert. Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen. Jetzt abonnieren!
Wer sich etwas mit der Kommission befasst, muss feststellen: Unter dem Vorsitz Schönefelds wird es auch in Zukunft erst mal keine signifikante Erhöhung geben. Nein, Klingbeil ist wohl nicht über Nacht zum neuen Helden der Arbeiterklasse geworden. Viel eher will er wahrscheinlich kurzfristig das eigene, eher konservative Image aufpolieren und das soziale Profil der SPD zumindest nach außen hin stärken – im sicheren Wissen, dass es zu 14 Euro vorerst sowieso nicht mehr kommt.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.