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Australien steht nach 2:0 gegen Dänemark im Viertelfinale

Titelreife Traumreise: Die Gastgeberinnen schießen sich bei der WM in die Favoritenrolle

  • Frank Hellmann, Sydney
  • Lesedauer: 4 Min.

Sie hatten sich in den riesigen Hallen der Central Station in Sydney Mühe gegeben, den »Matildas« den Weg zu weisen. Überall zeigten mit grünen und gelben Luftballons behangene Ständer, wie die Menschenmassen am besten in den doppelstöckigen Zügen zum Olympic Park kommen. Das hat beim Transport von 75 784 Fußballfans mal wieder bestens geklappt. Und irgendwie wirken auch die australischen Fußballerinnen mittlerweile wie ein vom halben Volk angeschobener Zug, der nicht mehr aufzuhalten ist: Die Gastgeberinnen lieferten beim 2:0-Sieg im Viertelfinale gegen Dänemark ein Lehrbeispiel ab, wie mit langem Vorlauf und großer Beharrlichkeit ein Titelanwärter geformt wird.

»Ich bin sehr stolz auf die Mentalität meiner Mannschaft«, sagte Trainer Tony Gustafsson. Seine taktisch bestens eingestellten Spielerinnen landeten einen hochverdienten Sieg: Nicht nur die wunderbar herausgespielten Tore von Caitlin Foord in der 29. Minute und Hayley Raso in der 70. Minute sorgten nicht nur im riesigen Stadion für Hochstimmung in Australien. Mit noch lauterem Gebrüll wurde die Einwechslung von Sam Kerr bedacht, die zehn Minuten vor dem Abpfiff mit einem breiten Lächeln aufs Spielfeld lief.

Kerrs Comeback war logischerweise auch für Gustafsson ein größeres Thema, der sehr wohl vernommen hat, wie gut sich sein Team auch ohne die Starstürmerin vom FC Chelsea zurechtfindet. »Alle wissen, wie sehr ich sie schätze, aber es ist toll, wie das Team ohne sie funktioniert. Jetzt kann sie für uns die Kirsche auf der Torte sein.« Die nach fast drei Wochen ausgeheilte Wadenverletzung der 29-Jährigen eröffnet dem Schweden noch mehr Optionen fürs Viertelfinale in Brisbane, wenn es gegen die Fußballerinnen aus Frankreich oder Marokko geht, die an diesem Dienstag in Adelaide ihr Achtelfinale ausspielen.

In dieser Form ist Australien bei der Weltmeisterschaft gegen fast jeden Gegner der Favorit: Vorne spielen sie voller Power, hinten verteidigen sie mit vollem Fokus. »Wir haben kollektiv unsere Aufgabe erledigt«, lobte Gustafsson, »und wir hatten brillante Momente.« Etwa beim Führungstreffer von Foord, die erst am Vortag betont hatte, wie viel ihr dieses Heimspiel bedeute. Die 28-Jährige wuchs in Wollongong, kaum zwei Autostunden südlich von Sydney, auf. Mit 16 Jahren schrieb die Stürmerin vom FC Arsenal einst bei der WM 2011 in Deutschland als beste und jüngste Nachwuchsspielerin schon Geschichte. Als Wunderkind wurde sie damals bezeichnet. In Erinnerung ist ihr von den Gruppenspielen in Mönchengladbach, Bochum und Leverkusen auch noch, wie voll die Stadien waren. Damals habe sie erstmals gemerkt, »wie groß der Frauenfußball sein kann. Dieses Turnier war eine besondere Inspiration für mich«.

England im Glück

Brisbane. Die Europameisterinnen aus England haben nur mit viel Glück das Viertelfinale der WM erreicht. Der Mitfavorit bezwang die nigerianischen Fußballerinnen nach 120 torlosen Minuten und langer Unterzahl mit 4:2 im Elfmeterschießen.
Vor 49 461 Fans in Brisbane kam die englische Offensive nach drei Siegen und 8:1 Toren in der Vorrunde im Achtelfinale kaum zur Entfaltung, mehr und bessere Chancen hatte Nigeria. Nach der Roten Karte gegen Stürmerin Lauren James wegen eines Revanchefouls in der 87. Minute drohte das vorzeitige Aus. Die Engländerinnen retteten sich aber über die Zeit. Chloe Kelly, Torschützin im EM-Finale 2022 gegen Deutschland, verwandelte letztlich den entscheidenden Elfmeter, Nigeria hatte zuvor gleich zweimal daneben gezielt. SID/nd

Am Montag sagte Foord: »Ich bin sehr glücklich, welche Form wir auf den Platz gebracht haben. Wir spüren, dass das ganze Land hinter uns steht. Das wollen wir den Menschen zurückgeben.« Australiens Nummer Neun wechselte bereits mit 18 Jahren in die USA. »Dort musste ich schnell erwachsen werden«, erinnert sich Foord. Sie eignete sich in der Profiliga NWSL jenes Durchsetzungsvermögen an, das ihr im Achtelfinale reichlich Szenenapplaus einbrachte. Als mehrfach die Wiederholung des 1:0 über die großen Videowände flimmerte, bejubelte das Publikum jedes Mal aufs Neue, wie sie nach einem langen und klugen Laufweg den Ball durch die Beine der dänischen Torhüterin Lene Christensen ins Netz schoss.

Ebenso beeindruckend war der Traumpass von Mary Fowler. Die bei Manchester City spielende 20-Jährige ist mit ihrer Kreativität und einem feinen Ballgefühl fast einmalig. »Immer wenn Mary am Ball ist, passiert etwas Besonderes. Sie hat ein unglaubliches Talent«, lobte Foord. Denn Fowler hatte in der zweiten Halbzeit mit einem Vorstoß und einer Vorlage auch das zweite Mal die dänische Abwehr überrumpelt: Die letztlich von Elly van Egmond bediente Raso hatte keine Mühe, den 2:0-Endstand zu markieren. Auch bei der 28-jährigen Torschützin mischte sich eine große Genugtuung in den Jubel, nachdem sie vor vier Jahren mit einem gebrochenen Rücken noch um die Fortsetzung ihrer Karriere bangen musste. Am Ende der titelreifen Demonstration tanzten alle – Team, Trainer und Tausende Fans in den Nationalfarben -, als das hymnische »Down Under« von Men At Work aus den Lautsprechern dröhnte.

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