Luis Rubiales: Schade, sagt der Problembär

Spaniens Fußballchef Luis Rubiales tritt endlich zurück, fühlt sich aber unschuldig

Jose Luis Rubiales hat sich auf dem Fifa-Ball verirrt.
Jose Luis Rubiales hat sich auf dem Fifa-Ball verirrt.

1966 schrieb der Dramatiker Peter Hacks die Fabel »Der Bär auf dem Försterball«, in der ein Bär sich als Förster verkleidet und bei einer Feier mit anderen Männern ordentlich auf den Putz haut. Er trinkt zu viel, er ist einfältig und vorlaut, nicht mit einem Hintergedanken, sondern weil er einfältig und vorlaut ist. Und genau diese Krawallattitüde führt dazu, dass die Förster den Bären auch noch für ihren Chef halten. Sie folgen ihm blind und so treibt es der Bär immer bunter, weil ihm keiner widerspricht, denn der Bär ist einfach der krasseste unter den Förstern und die Stimmung ist doch so nett. Am Ende kommt ausgerechnet die Frau des Bären und sprengt die Party mit dem Satz: »Pfui Teufel, in was für Gesellschaft du dich herumtreibst«. Der Bär hat überhaupt nichts kapiert und antwortet: »Schade, dass du so früh kamst … Na macht nichts. Andermal ist auch ein Tag.«

Was ist, wenn Hacks mit seiner Fabel damals schon den Funktionärsfußball gemeint hat? Seit jeher ist es doch immer das gleiche: Männer klopfen sich dafür auf die Schultern, dass sie sind, wie sie sind. Und sie können ja auch nichts dafür, denn keiner kommt und sagt es ihnen mal, bis einer kommt und es ihnen sagt, aber selbst dann ist es noch schwer zu verstehen, was das Problem ist, denn zu viele sagen ja andauernd, dass es gar kein Problem gibt.

Luis Rubiales, der Bär auf dem Fifa-Ball, hat jetzt doch eingesehen, dass es ein Problem gibt und tritt als spanischer Fußball-Verbandspräsident ab. Vor drei Wochen, Spaniens Fußballerinnen hatten gerade das WM-Finale gewonnen, hatte Rubiales bei der Siegerehrung Jenni Hermoso gegen deren Willen auf den Mund geküsst. Das ergab weltweit einen Sturm der Entrüstung, den Rubiales nicht verstehen wollte. Und weil er ein richtiger Bär ist, ist das Problem natürlich nicht sein übertriebenes Ego, sein Machismus, seine Übergriffig- und Schamlosigkeit, sondern es ist der Druck, der auf ihm lastet, denn immerhin will Spanien zusammen mit Portugal und Marokko die Fußballweltmeisterschaft 2030 austragen. Leider sei die »Situation« wie er den sexuellen Übergriff an Jennifer Hermoso in einem Fernsehinterview nennt, das diese Woche in Gänze ausgestrahlt wird, dann irgendwie aus dem Ruder gelaufen und es wäre »egoistisch, jetzt nicht zurückzutreten«.

Hacks wusste also schon vor über 60 Jahren, dass es am Ende die Frauen sind, die die Männerparty crashen werden, weil sie sie als das entlarven, was sie seit jeher ist: eine Beschäftigungstherapie für Männer, die sonst nur schwer in die Gesellschaft zu integrieren wären.

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