- Politik
- Skandal um SS-Veteranen
Skandal um SS-Veteranen: Nazi-Einlader
Anthony Rota ist nicht länger Präsident des Parlaments von Kanada
Am Ende war es mit einer Entschuldigung nicht getan. Am Dienstag ist Anthony Rota, seit 2019 Präsident des kanadischen Parlaments, nach einem Treffen mit den Chefs der dort vertretenen Parteien zurückgetreten. Rota stand von allen Seiten in der Kritik, weil er während einer Sondersitzung in Ottawa am vergangenen Freitag den 98-jährigen Jaroslaw Hunka als Ehrengast präsentiert und unter dem Applaus des ganzen Hauses einen »ukrainischen und kanadischen Helden« genannt hatte.
Die Einladung war als Geste an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gedacht, der zuvor zu den Abgeordneten geredet hatte und den nach Kanada ausgewanderten alten Kämpfer der SS-Freiwilligen-Division »Galizien« anerkennend mit der erhobenen Faust grüßte. In seinem Land gab es in den vergangenen Jahren ja immer wieder, wenn auch umstrittene, Ehrungen für die gegen die Rote Armee und Partisanen kämpfenden westukrainischen Nazi-Kollaborateure und Kriegsverbrecher.
Während Selenskyj unfreiwillig der russischen Propaganda ein Geschenk machte und sein Heldenstatus im Westen nicht in Frage steht, wurde es für Rota eng und enger. Es hagelte Proteste jüdischer Organisationen, Polens Regierung zeigte sich empört. Kanadas mit in die Kritik geratener Premier Justin Trudeau jubelte nun nicht mehr und sprach am Montag von einem »zutiefst peinlichen« Vorgang, Außenministerin Mélanie Joly forderte Rota unmissverständlich zum Rücktritt auf.
Rota, der Trudeaus Liberaler Partei angehört, nimmt alle Schuld am Skandal auf sich. Die Nazivergangenheit seines Gastes will erst hinterher gerafft haben. Der 62-jährige mit italienischen Wurzeln wurde 2004 erstmals ins Parlament gewählt. Der Fan des kanadischen Whiskys stammt aus der bevölkerungsreichsten Provinz Ontario im Südosten. Nach Studienabschlüssen in Politikwissenschaften und Management hatte Rota 1994 als Stadtrat seiner Heimatstadt North Bay eine Karriere gestartet, die nun abgeknickt ist.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.