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Geld für die Bundeswehr: Mehr als genug geht immer

Die Militärausgaben steigen – müssen Soldaten dennoch hungern und frieren? Die Politik fetzt sich besonders beim Thema Verteidigung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Zumindest hier, bei der Fähigkeitsdemonstration der Territorialen Verfügungsgruppe auf dem Militärflughafen Köln-Wahn mit US-amerikanischen und deutschen Soldaten sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), gab es noch genug zu essen.
Zumindest hier, bei der Fähigkeitsdemonstration der Territorialen Verfügungsgruppe auf dem Militärflughafen Köln-Wahn mit US-amerikanischen und deutschen Soldaten sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), gab es noch genug zu essen.

Schon lange bevor sich die Abgeordneten des Bundestages am Donnerstag zur sogenannten Bereinigungssitzung treffen, war allen klar: Der Verhandlungsbedarf über den Haushalt des kommenden Jahres ist gewaltig, der Spielraum der Bundesregierung jedoch gering, weil sie auf Biegen und Brechen die Schuldenbremse einhalten will. Das betrifft insbesondere alles, was unter dem Stichwort Verteidigung läuft. Das sollte eigentlich verwundern, denn der dabei maßgebliche Einzelplan 14 ist der einzige Etat, der nicht dem generell angesagten Sparkurs unterworfen ist.

Im Gegenteil: Er wurde um rund 1,7 Milliarden Euro auf fast 52 Milliarden Euro erhöht. Laut Planung kommen weitere 19,2 Milliarden Euro aus dem sogenannten Sondervermögen hinzu. Das sind zusammen gut 71 Milliarden Euro. Selbst die in Fragen der Bundeswehr-Rüstung kaum zufriedenzustellende Chefin des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kann sich Lob nicht verkneifen, denn: Die Summe ist doppelt so hoch wie jene, die 2015 nach der russischen Annexion der Krim zur Verfügung stand. Und so wertete sie den Vorschlag für den Einzelplan 14 von Anfang an als »ein klares Signal an unsere Verbündeten. Deutschland ist zuverlässig und erfüllt seine Bündnisverpflichtungen.«

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In der Frage ist sie sich ausnahmsweise mal einig mit Kanzler Olaf Scholz sowie dessen SPD-Parteikollegen Boris Pistorius. Der Verteidigungsminister hatte bereits Anfang September versichert: »In Zukunft werden wir zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung in Verteidigung investieren. Da beißt die Maus keinen Faden ab.«

Die Union jedoch warnt vor einem bevorstehenden »Bankrott« der Bundeswehr. Gerade machten Meldungen die Runde, dass die Bundeswehr wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise am Essen sparen müsse. Nun fehlen angeblich rund 660 Millionen Euro, um die laufenden Energiekosten – unter anderem für Wärme, Licht, Warmwasser – begleichen zu können. Im letzten Jahr mussten dafür 740 Millionen Euro ausgegeben werden, nun liegt eine Rechnung von »stolzen 1,4 Milliarden Euro« auf dem Tisch, weiß der CDU-Haushälter Ingo Gädechens.
Keine Sorge, die Truppe muss weder hungern noch frieren. Wie immer finden sich irgendwelche Möglichkeiten zur Umschichtung von Geldern.

Das aber wird im kommenden Jahr nicht mehr klappen, befürchten Unionsabgeordnete. Denn die 1,7 Milliarden Euro, um die der Militärhaushalt wachsen soll, decken nach ihrer Rechnung gerade einmal die Personalmehrkosten ab. »Alle wissen, wie dramatisch unterfinanziert der Verteidigungshaushalt ist«, sagt Gädechens. Pistorius habe für 2024 zehn Milliarden Euro mehr erbeten – und sie nicht bekommen. Erst am vergangenen Freitag habe der Kanzler der versammelten Generalität zudem eine auskömmliche Bundeswehrfinanzierung versprochen. »Aber wieder einmal passiert nichts.«

Ist das so, dann widerspricht das in der Tat den gerade verabschiedeten Verteidigungspolitischen Richtlinien, mit denen – und damit nähert man sich vermutlich einer wesentlichen Sorge der Union an – verbesserte Rahmenbedingungen für eine leistungsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie angestrebt werden. Der Ausbau robuster und gesicherter rüstungsindustrieller Kapazitäten, so liest man in dem Dokument, sei ein wichtiges Element zur schnellen, umfassenden und durchhaltefähigen Versorgung der Bundeswehr in Krise und Krieg.

Muss sich die Union wirklich Sorgen machen, dass die Rüstungsindustrie zu kurz kommt? Kaum. Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG, ist recht zufrieden. »Wir sind auf gutem Kurs, um unsere ehrgeizigen Jahresziele für nachhaltiges profitables Wachstum zu realisieren.« Auch im dritten Quartal 2023 gingen die Geschäftszahlen des Konzerns insgesamt nach oben. Der Umsatz stieg in den ersten neun Monaten um 13 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro.

Dafür sorgt auch die Ukraine, die bei der Abwehr der russischen Aggressoren noch immer mehr Granaten verschießt, als produziert werden können. Im letzten Munitionspaket hatte die EU Kiew eine Million Granaten versprochen, geliefert wurden bislang 300 000.

Mit solchem militärischen »Verbrauchsmaterial« kann man zu Kriegszeiten horrende Erlöse erzielen. Der Granaten-Stückpreis geht gerade durch die Decke. Auch das ist ein Grund dafür, weshalb im aktualisierten 2024er Haushaltsentwurf die Mittel für die Ukraine-Waffenhilfe von den ursprünglich vorgesehenen vier Milliarden auf acht Milliarden Euro aufgestockt wurden. Stattliche Zulagen hat auch Frankreich beschlossen. Hintergrund ist die Sorge, dass die USA – bislang mit Abstand das größte Geberland – ihre Unterstützung reduzieren müssen. Erstens, weil Israel einen enormen Militärbedarf geltend macht. Zweitens, weil die Ukraine-Hilfe in den USA immer unpopulärer wird. Der politisch schwächer werdende US-Präsident Jo Biden hat den Reduzierungsforderungen der Republikaner kaum noch etwas entgegenzusetzen.

Beim Treffen der EU-Verteidigungsminister tat sich Boris Pistorius mit der Verdopplung der Ukraine-Mittel hervor. Dennoch werden die zusätzlichen Mittel vermutlich nicht im Budget des Verteidigungsministeriums, sondern im sogenannten Einzelplan 60 auftauchen. Der umfasst Einnahmen und Ausgaben, die nur schwer oder gar nicht einem einzelnen Ressort zugeordnet werden können und wird von der Öffentlichkeit weit weniger als andere Etats kontrolliert.

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