Paris St. Germain zu Gast beim BVB: Grauer Alltag vor gelber Wand

Die Starfußballer von PSG kämpfen in Dortmund gegen das Aus in der Königsklasse

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Für Superstar Kylian Mbappe und Paris läuft es alles andere als super.
Für Superstar Kylian Mbappe und Paris läuft es alles andere als super.

Es war einen Tag vor dem katarischen Nationalfeiertag am 18. Dezember, als Nasser Al-Khelaifi im vergangenen Jahr aus dem Schwärmen nicht herauskam. Der Präsident von Paris St. Germain weilte natürlich zu diesem Zeitpunkt bei der WM in seinem Heimatland, als er seiner ganz persönlichen Vorfreude aufs Traumfinale Ausdruck verlieh. »Ich bin stolz, zwei Spieler dabei zu haben, die beiden besten Spieler der Welt, die das Finale in meinem Land spielen. Das ist das beste Szenario. Ich kann es kaum erwarten«, flötete einer der einflussreichsten Katarer, der sich mit dem Showdown zwischen Kylian Mbappé und Lionel Messi zugleich die weltweit größte Strahlkraft für seinen Klub erhoffte.

Alles war in seinem Emirat herausgeputzt: Das Endspielstadion, die bombastische Schüssel Lusail im Norden Dohas, glänzte bei Tag und Nacht, doch die wahre Attraktion waren die beiden bei Paris angestellten Superstars, die in einem spektakulären Endspiel alle Erwartungen bis zum letzten Elfmeter übertrafen. Somit schimmerte auch die Zukunft von PSG so golden wie der Schmucktempel, in dem Frankreich und Argentinien die Welt verzaubert hatten.

Was Al-Khelaifi allerdings nicht bedachte: dass selbst Mbappé und Messi keine Maschinen sind, die auf Knopfdruck klasse kicken. Kaum zurück im europäischen Winter, holte beide der graue Alltag ein. Julian Nagelsmann legte Mitte Februar noch als Trainer des FC Bayern eine taktische Meisterleistung hin, als der französische Favorit sein Achtelfinalhinspiel daheim mit 0:1 verlor, Anfang März war das Aus nach einem 0:2 in München besiegelt. Das Ende einer erfolglosen Ära unter dem Eifelturm war unausweichlich, weil der Dreizack zerfallen musste. Messi ging in die USA, Brasiliens Superstar Neymar nach Saudi-Arabien.

Mbappé immerhin widerstand den Verlockungen aus der Wüste. Wie es beim 24-Jährigen im kommenden Sommer weitergeht, weiß er jedoch vielleicht selbst noch nicht genau. Einiges könnte vom letzten Champions-League-Gruppenspiel bei Borussia Dortmund an diesem Mittwoch abhängen. Denn Mbappé und Kollegen stehen mit dem Rücken vor der »Gelben Wand«, der berüchtigten Fantribüne der Borussia. Nur mit einem Sieg sind sie sicher weiter, bei einem Remis könnte zeitgleich der neureiche Konkurrent Newcastle United mit einem Heimerfolg gegen den AC Mailand vorbeiziehen. Die Konstellation ist tückisch. Und für den PSG-Präsidenten fast peinlich. Der bestens vernetzte Strippenzieher hat inzwischen über das Exekutivkomitee von Europas Dachverband Uefa eine wichtige Stimme im globalen Fußball.

Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass dieses selten austarierte Ensemble nur unter dem heutigen Bayern-Trainer Thomas Tuchel mal eine halbe Hand am Henkelpott hatte. Ausgerechnet der Franzose Kingsley Coman vom FC Bayern hatte im Corona-Sommer 2020 im Finale bekanntlich etwas dagegen. Inzwischen setzt PSG selbst auf solche Spieler, um von der überbordenden Talentquelle im Land (und Verein) zu profitieren. Die Verpflichtungen des gegen den BVB gesperrten Ousmane Dembélé und des von Eintracht Frankfurt losgeeisten Randal Kolo Muani sollten auch die Identifikation der heimischen Fans mit dem Verein stärken.

Mit Bradley Barcola angelte sich der Hauptstadtklub einen weiteren spannenden Landsmann. Und früher hätte auch ein Toptalent wie Warren Zaire-Emery mit seinen erst 17 Jahren vielleicht nicht so viele Spielanteile erhalten. Doch richtig rund läuft es mit dem vermehrt heimischen Einfluss auch nicht, worüber sich der ehrgeizige Trainer Luis Enrique vielleicht am meisten ärgert. Klar, die französiche Ligue 1 führt der Meister wieder an, aber abgerechnet wird letztlich über die Champions League.

Dem Team des Spaniers fehlen trotz aller Veranlagung die Dominanz und die Autorität eines Titelanwärters. Zwar wirkte die Truppe vor dem italienischen Startorhüter Gianluigi Donnarumma nicht mehr so planlos wie unter Enriques Vorgänger Christophe Galtier, und auch beim Teamgeist soll sich einiges zum Positiven gewendet haben, aber Automatismen greifen noch nicht. Eine Niederlage bei den Westfalen kann sich gerade Enrique also nicht leisten.

Seit der katarische Staatsfond »Qatar Sports Investment« 2011 einstieg, ist der Klub noch nie in der Vorrunde hängen geblieben. Ein Überwintern ist das Mindeste, was die Eigner für ihre opulente Bezuschussung – die Rede ist von rund vier Milliarden Euro im Laufe der zwölf Jahre – auf dieser Bühne erwarten. Vom Projekt, PSG zur Nummer eins der Welt zu machen, spricht Nasser Al-Khelaifi ohnehin längst nicht mehr.

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