Land in Sicht? Wo steht das »nd«?

Der Vorstand der nd.Genossenschaft über die diesjährige Krise und künftige Vorhaben

  • Lesedauer: 5 Min.
Birthe Berghöfer und Rouzbeh Taheri
Birthe Berghöfer und Rouzbeh Taheri

Ihr habt bis Ende Oktober 130.000 Euro Spenden eingesammelt. Braucht ihr jetzt kein Geld mehr? Ist das »nd« damit gerettet?

Rouzbeh Taheri: Mittlerweile sind über 190.000 Euro zusammengekommen, wofür wir sehr dankbar sind. Damit und mit den zusätzlichen Genossenschaftsanteilen konnten wir die akute Finanzkrise überwinden. Die Beschäftigten der Genossenschaft haben zudem im Rahmen eines Notfalltarifvertrages auf ihr Weihnachtsgeld verzichtet. Geld brauchen wir weiterhin, aber die Rettung des »nd« ist damit gelungen. Wir haben jetzt auch etwas Luft, um längerfristige Pläne umzusetzen.

Wie viel braucht ihr denn insgesamt, um stabil zu sein?

Taheri: Wir brauchen vor allem Abos. Spenden helfen uns kurzfristig, Abos geben uns Planungssicherheit. Wir haben seit Juni über 1400 neue Abos reinbekommen und konnten damit den Rückgang der Abozahlen erstmals seit vielen Jahren stoppen. Viele dieser Abos waren aber Probeabos, die müssen wir nun verstetigen. Im nächsten Jahr brauchen wir weitere 2000 neue Abos, um die Verluste auszugleichen, die unweigerlich aufgrund der Altersstruktur unserer Leserschaft eintreten.

Birthe Berghöfer: Wenn man es etwas größer betrachtet, muss sich unsere Zeitung durch die Nachfrage nach ihr finanzieren, zumindest in erheblichen Teilen. Das ist mit der gedruckten Ausgabe leider nicht mehr der Fall: Die Kosten für Produktion und Vertrieb kommen über den Verkauf nicht wieder rein. Auch deswegen arbeiten wir intensiv an der Digitalisierung der Zeitung, die uns unabhängiger von den bröckelnden Vertriebsstrukturen und den steigenden Papierpreisen macht und hoffentlich die nächsten hundert Jahre bestehen lässt.

Ist es den Aufwand wert? Es gibt doch mit »Taz« und »Junge Welt« zwei andere linke Tageszeitungen.

Berghöfer: Linke Zeitungen kann es nicht genug geben! Zumal es nun wirklich Unterschiede gibt zwischen diesen drei Zeitungen.

Taheri: Das »nd« hat ein einzigartiges Profil. Wir versuchen täglich eine große Bandbreite linker Meinungen und Positionen abzubilden. Linker Pluralismus ist für uns nicht nur ein Lippenbekenntnis. Debatten, die in linken Bewegungen und Organisationen stattfinden, finden auch bei uns in der Redaktion statt. Das ist manchmal anstrengend und gefällt nicht jedem der Leserinnen und Leser. Wir finden aber, dass dies der einzig gangbare Weg für eine sozialistische Tageszeitung ist. Das bedeutet beispielsweise beim aktuellen Krieg in Gaza, dass wir uns nicht auf die Seite von Staaten oder Organisationen stellen, sondern auf die Seite von Menschen, die von Krieg und Gewalt betroffen sind, egal ob es sich dabei um Israelis oder Palästinenser handelt. Dabei wollen wir unterschiedliche Standpunkte abbilden und auch Kontroversen aushalten.

Linkssein. Wäre es einfach, wären es alle / »nd« Imagefilm

Die Tagesausgabe des »nd« gibt es jetzt nicht mehr am Kiosk. Verzichtet ihr da nicht freiwillig auf Geld?

Taheri: In der Corona-Pandemie ist der Einzelverkauf am Kiosk zusammengebrochen und hat sich danach nicht erholt. Die Kosten für Druck und Logistik für den Kioskvertrieb sind gleichzeitig gestiegen; wir haben den Verkauf einstellen müssen, damit wir nicht monatlich Tausende Euro dazuzahlen. »nd.DieWoche« verbleibt nun sieben Tage am Kiosk und verkauft sich auch deutlich besser als vorher.

Ihr wollt im nächsten Jahr die Montagsausgabe nicht mehr drucken. Warum ausgerechnet diese?

Berghöfer: Die Entscheidung, eine gedruckte Ausgabe durch eine Digitale zu ersetzen, ist uns nicht leicht gefallen und die Wahl fiel auch nicht eindeutig auf die Montagsausgabe. Viele in der Redaktion empfinden die Zeitung am Montag als das inhaltlich schwächste Produkt, weil wichtige Ereignisse vom Samstag dann schon lange her sind – zu lange für eine Tageszeitung. Auf der anderen Seite geht der Trend zu einer Vier-Tage-Woche, in der man bereits freitags Zeit und Lust hat, eine umfangreiche Zeitung wie »nd.DieWoche« zu lesen. Es gab also auch die Überlegung, die Freitagsausgabe zu streichen und mit »nd.DieWoche« früher zu erscheinen. Ich persönlich wünsche mir, dass viele unserer Abonnentinnen und Abonnenten die neue digitale Ausgabe testen. Es ist schwierig, Gewohnheiten wie das Zeitungslesen zu ändern, aber digitales Lesen bringt auch Vorteile: Für manch einen ist das die anpassbare Schriftgröße oder eine Vorlesefunktion, für andere die frühe und vor allem zuverlässige Lieferung – egal wo man sich befindet. Wir versuchen gerade auch in der Entwicklungsphase Leser und Leserinnen einzubeziehen, um deren Bedürfnisse kennenzulernen.

Steckt dahinter die bekannte Salamitaktik: Am Ende des Jahres kriege ich dann gar nichts Gedrucktes mehr?

Berghöfer: Die einzige Taktik, die wir verfolgen, ist die Sicherung des »nd«. Es kann aber sein, dass dafür eine schrittweise Verlagerung der Printausgaben ins Digitale nötig ist. Jedenfalls ist das die Entwicklung, die wir in der gesamten Branche beobachten. Aber das wird sicher nicht schon Ende 2024 der Fall sein, und »nd.DieWoche« als Printzeitung bleibt erhalten.

Was kann man tun, um das »nd« zu unterstützen?

Taheri: Jetzt zu Weihnachten kann man zum Beispiel schnell noch ein nd-Abo verschenken. Oder man wird Mitglied unserer Genossenschaft und bringt sich bei den jährlichen Generalversammlungen aktiv in die Gestaltung der Zukunft des »nd« ein. Wir wollen auch bekannter werden, also kann jeder Aktionspakete mit Stickern und Flyern bestellen und bei sich in der Gegend, bei Vereinen und Initiativen auslegen. Wir freuen uns über jeden, der das »nd« unterstützt, in welcher Form auch immer.

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