Argentinien: Ölteppich vor Küste

Deutsches Unternehmen wegen Umweltverschmutzung angeklagt

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 3 Min.

In Argentinien ist vor einem Bundesgericht Strafanzeige gegen den Verladehafenbetreiber Oiltanking Ebytem erstattet worden. Die Tochtergesellschaft der deutschen Oiltanking GmbH wird für einen mehr als 20 Quadratkilometer großen Ölteppich in der Bucht vor Bahía Blanca, rund 700 Kilometer südlich von Buenos Aires, verantwortlich gemacht. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, das dafür vorgesehene Notfallprotokoll zu spät aktiviert zu haben. Die Anzeige wurde von den beiden lokalen Kommunen Bahía Blanca und Coronel Rosales eingereicht.

Das Unternehmen Oiltanking Ebytem hat inzwischen eingeräumt, frühzeitig von der Verschmutzung gewusst zu haben. »Während des Anlegens des Schiffes Cabo Sounión wurde ein Ölaustritt festgestellt«, erklärte der Hafenbetreiber. Laut dem Unternehmen wurden bereits mehr als 23 000 Quadratmeter Fläche gesäubert. Ob das deutsche Unternehmen den Ölaustritt herunterspielen oder gar vertuschen wollte, wird nun vor Gericht geklärt.

Die Leckage ereignete sich an einer Unterwasserladeboje vor dem Ölhafen Puerto Rosales, etwa 30 Kilometer südöstlich der Hafenstadt Bahía Blanca. Satellitenbilder zeigen, dass der Ölteppich mindestens 21 Quadratkilometer groß ist. Die Verschmutzung wurde am frühen Morgen des 27. Dezember von einem Fischer entdeckt und den zuständigen Behörden gemeldet.

Von der Ölpest sind die Naturschutzgebiete Bahía Blanca, Bahía Falsa und Bahía Verde betroffen. Sie bilden eines der wichtigsten Inselsysteme mit Gezeitenkanälen, schlammigen Gezeitengebieten und Sümpfen an der argentinischen Küste. »Die Bahia-Mündung ist ein einzigartiges Feuchtgebiet und ein lebenswichtiges Reservoir für die Artenvielfalt«, erklärte Federico Susbielles, Bürgermeister der Hafenstadt Bahía Blanca. Das ausgelaufene Öl habe dem Ökosystem schweren Schaden zugefügt.

Befürchtet werden gravierende Folgen, sollte das Öl in den Grund vor der Küste und in die Kanäle gelangen. »Ich glaube nicht, dass sie es zu 100 Prozent entfernen können«, sagte Juan Temporelli, Mitglied der lokalen Umweltorganisation Asociación Ambientalista del Sur. Erst wenn die Reinigungsarbeiten abgeschlossen seien, lasse sich der Schaden abschließend einschätzen.

Laut Bürgermeister Susbielles müssen die Gerichte prüfen, ob das Unternehmen fahrlässig gehandelt hat. Der Vorfall soll sich am 26. Dezember um 19:15 Uhr ereignet haben, den das Unternehmen umgehend bei der argentinischen Marinepräfektur hätte melden müssen. Doch das Notfallprotokoll wurde erst 19 Stunden später aktiviert.

»Wir müssen jetzt die wichtigen Beobachtungen des Fischers analysieren, der die Situation öffentlich gemacht hat. Sie könnten zeigen, dass das Unternehmen darauf spekuliert hat, dass es sich um einen geringfügigen Ölteppich handelt, der sich nicht ausbreitet«, erklärt Javier Groso, Geograf an der Universität Comahue. Denkbar sei auch, dass das Unternehmen gehofft habe, dass niemand etwas davon erfährt und das Öl sich im Wasser verteilt oder auf das Meer hinauszieht.

Bahía Blanca ist die wichtigste Hafenstadt im Süden Argentiniens mit einer ausgeprägten petrochemischen Industrie. Der zehn Kilometer außerhalb liegende Hafen ist mit seiner natürlichen Tiefe von über zehn Metern geeignet für Tanker und Frachtschiffe mit großem Tiefgang.

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