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Klimaproteste: Die richtigen politischen Fronten
Die Bauern sind erfolgreich, weil sie den Protest gegen Subventionskürzungen als wahre Verteidigung des Gemeinwohls inszenieren
Viele Klimabewegte wirken angesichts der Bauernproteste – ausgelöst ausgerechnet durch den Streit um eine fossile Subvention – geradezu beleidigt, mindestens aber beeindruckt: Warum bekommen die, was sie wollen, und wir nicht?
Zahlreiche Gründe liegen nahe. Landwirt*innen können die motorisierte, disruptive Wucht ihrer Protestform gerade im Winter voll ausspielen. (Wer hat die Ampel hier eigentlich beraten?) Die mächtige Stellung der Landwirtschaft im (Re-)Produktionsprozess birgt zusätzliches Drohpotenzial. Die starke Organisierung im Bauernverband fördert die Mobilisierung, bündelt Lobbymacht und sorgt für breite Verankerung.
So ist die Unterstützung im ländlichen Raum enorm, geradegerade angesichts aktueller Dynamiken: Wo Klimabewegte die Bauernproteste als bloß ökonomisch eigennützig kleinzureden versuchen, schaffen diese Proteste es im Gegenteil, gerade als Vertreter*innen eines Gemeinwillens aufzutreten – ein Ausweis hegemonialer Macht. Das funktioniert nur über die Einbettung in eine breitere rechte Erzählung von der notwehrhaften Verteidigung einer – durch und durch fossilen – »Normalität«. Umgekehrt verkörpert die Klimabewegung die Bedrohung dieser Normalität. Ihr Gemeinwohlanspruch erscheint von rechts betrachtet als arglistige Täuschung entlarvt, ihre hegemoniale Ausstrahlung beschränkt sich auf wenige Milieus.
Das macht die Proteste so gefährlich: Sie tragen zur Formierung eines rechten Blocks bei, dessen verbindende Erzählung alle substanziellen internen Differenzen übertüncht. Weder wurden unpolitische Proteste von Rechtsextremen »unterwandert«, noch sind alle Beteiligten Nazis – vielmehr erzeugt das Anerkennungsangebot dieses Narrativs eine breite Resonanz, die ein Spektrum von konservativen Landwirt*innen bis zu waschechten Nazis vereint, mit rhetorischer Rückendeckung von Union und AfD. Dass beide die Agrardiesel-Kürzungen einmütig mitgetragen hatten, ist herzlich irrelevant, solange der Affekt stimmt. Finanzminister Lindner dagegen musste als Repräsentant des Feindbilds »Ampel« mit seinen Anbiederungsversuchen – ich geb euch Ressentiments, aber kein Geld – scheitern.
Lasse Thiele arbeitet im Konzeptwerk Neue Ökonomie am Thema Klimagerechtigkeit.
Natürlich haben die Proteste auch materielle Hintergründe: Angesichts des extremen Preisdrucks des Einzelhandels und explodierender Bodenpreise ist der Sektor von Subventionen abhängig. Hier lässt sich einhaken, um die Spaltungslinien zu verschieben: weg von »linksgrüne Großstadteliten gegen das normale Landvolk«, hin zu kleinbäuerliche Betriebe versus Agrarkonzerne und Investor*innen, Bauernhöfe gegen Supermarktketten.
Damit gegen das etablierte rechte Narrativ anzukommen, wird nicht leicht, und selbst bei Erfolg wären nicht alle Agrarprobleme gelöst. Doch es könnte Risse im rechten Block erzeugen und dessen immer stärkere Verdichtung aufhalten. Und es würde zumindest die Bedingungen für eine ökologischere Landwirtschaft verbessern. Agrardiesel ist ja nur die Spitze des Eisbergs: Düngemittel und Tierhaltung sind Klimakiller, von Biodiversität und Bodenqualität ganz zu schweigen. Die Subventionsabhängigkeit deutet hier auf klare politische Hebel. Doch diese bleiben blockiert, solange weite Teile der Branche in den rechten Anti-Transformations-Block integriert sind.
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