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Frankreich: Stoppzeichen überfahren
Peter Steiniger zum teils gekippten neuen Migrationsgesetz in Frankreich
Frankreichs Verfassungsrat hat dem von der Nationalversammlung beschlossenen Einwanderungsgesetz ein »Ungenügend« bescheinigt. In großen Teilen verstößt das neue Ausländerrecht nach dem Urteil des Gremiums gegen die Verfassung der Fünften Republik oder ist handwerklich von den Politikern nicht den Normen entsprechend ausgeführt.
Die Abfuhr für gleich 35 der 86 Artikel ist eine Quittung für den politischen Kuhhandel des Regierungslagers mit der rechtsbürgerlichen Oppositionspartei der Republikaner. Und für den Überbietungswettbewerb bei Fremdenfeindlichkeit mit dem rechtsextremen Rassemblement National von Marine Le Pen, die das Copyright für das hier zugrunde gelegte Prinzip der »nationalen Präferenz« beansprucht. Dieses geht von Menschen erster und zweiter Klasse aus und ist mit viel beschworenen Werten der Republik unvereinbar.
Vom Tisch ist das Reformvorhaben von Präsident Macron damit nicht. Es soll nun in der ursprünglichen Form in Kraft treten. Macron nutzte das Verfassungsgericht als Korrektiv, auf das er nun die politische Verantwortung abschieben kann. Den bei der Europawahl auch in Frankreich zu erwartenden Rechtsruck vor Augen, hat die Regierung für ihren populistischen Schwenk eine schwere Krise im eigenen Lager in Kauf genommen.
Auch ohne die von der Opposition übernommen Verschärfungen erschwert das neue Ausländerrecht Integration und nährt die Illusion, dass sich Einwanderung leicht regulieren und die damit verbundenen Probleme und Konflikte »abschieben« ließen. Die soziale Frage wird ganz bewusst ausgeblendet.
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