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Tram in Berlin: BVG streicht Züge der M4
Mangelnder Vorrang sorgt für neue empfindliche Einschränkungen bei der Straßenbahn
Sie hat die meisten Fahrgäste, die längsten Züge und den dichtesten Takt: Die M4 ist die Rekordhalterin bei den Berliner Straßenbahnlinien. Alle drei bis vier Minuten soll im Berufsverkehr eine Bahn auf der Linie fahren, die Mitte, Weißensee und Hohenschönhausen verbindet.
Doch seit Montag setzen die Berliner Verkehrsbetriebe zu den Hauptverkehrszeiten die Züge nur noch alle fünf Minuten auf der Kernstrecke zwischen Hohenschönhausen und Mitte ein. Was sich zunächst nach einem kleinen Unterschied anhört, entspricht einer Streichung von einem Drittel des planmäßigen Angebots. Zwölf statt 18 Fahrten pro Stunde und Richtung, die Kapazität sinkt damit von 5400 auf 3600 Fahrgäste stündlich je Fahrtrichtung.
Dieser drastische Einschnitt wurde den Beförderungsfällen, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt, per neuem Fahrplanaushang an den Haltestellen kundgetan. Unterlegt sind die Tabellen in hellgrauer Schrift mit dem Hinweis »Baufahrplan«. Doch es geht gar nicht um Tram-Baustellen.
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»Auf der M4 haben wir derzeit durch Baustellen (mit drei zusätzlichen Ampeln) im Streckenverlauf eine verlängerte Fahrzeit. Um den Mehrbedarf an Fahrzeit zu kompensieren, müssen wir daher den Takt in der Hauptverkehrszeit leider vorübergehend anpassen«, antwortet die BVG-Pressestelle auf die Frage von »nd« nach dem Grund der Maßnahme. Außerdem solle an zwei regulären Ampeln die Steuerung auch noch angepasst werden, man sei dazu »bereits in Gesprächen mit den beteiligten Stellen«, heißt es weiter.
Es ist also mal wieder die mangelnde Bevorrechtigung von Straßenbahnen und Bussen, weswegen die Verkehrsbetriebe die Notbremse beim Angebot ziehen. Ein seit Jahrzehnten notorisches Problem, dass keine und keiner der vielen Verkehrssenatorinnen und -senatoren von SPD, Grünen oder CDU in den langen Jahren systematisch angegangen ist.
Nach einem kleinen Zwischenhoch in der Corona-Pandemie folgt die Durchschnittsgeschwindigkeit wieder dem langjährigen Trend abwärts. Beim Bus sank das Tempo stadtweit von 17,98 Kilometern pro Stunde im Jahr 2020 auf 17,9 im Jahr 2022, bei der Straßenbahn von 17,67 Kilometern pro Stunde auf 17,49. Die Linie M4 kam 2020 durchschnittlich in einer Stunde noch 17,8 Kilometer weit, 2022 waren es nur noch 17,2 Kilometer. Die Angaben stammen aus Antworten auf Schriftliche Anfragen der Verkehrspolitiker Tino Schopf (SPD) und Kristian Ronneburg (Linke). Zahlen für 2023 sind nicht öffentlich verfügbar.
Zur Wahrheit gehört auch, dass die BVG bereits seit Jahren auf der M4 über lange Zeiträume den vom Land Berlin bestellten Drei- bis Vier-Minuten-Takt morgens und nachmittags nicht fuhr. Der Fahrgastverband IGEB kritisierte das im September 2023 massiv in seiner Zeitschrift »Signal«. Die BVG wolle mit wechselnden Ausreden »über ihren Fahrermangel durch Missmanagement und Mangelwirtschaft hinwegtäuschen«, so die Fahrgastlobbyisten.
In einem Nahverkehrsforum wird ein Straßenbahnfahrer deutlicher als die BVG-Pressestelle, was die Situation auf der M4 betrifft. »Auf der ganzen Linie befinden sich über zehn Ampeln im Festprogramm, die teilweise auch entgegengesetzt voneinander schalten, sodass man die sonst gute Fahrzeit einfach nicht schaffen kann«, schreibt er. »Es sind ausschließlich die Ampeln, die für diese Verspätungen sorgen.«
Auf dem Papier seien bisher sieben Minuten Standzeit an den Endhaltestellen der M4 vorgesehen gewesen, mit der Fahrplanausdünnung seien es nun 10 bis 16 Minuten. Mindestens zehn Minuten planmäßiger Aufenthalt an Linien-Endpunkten ist auch eine Forderung der Gewerkschaft Verdi in den laufenden Tarifverhandlungen für die BVG-Beschäftigten.
Genau bei diesem Thema gebe es »aus Arbeitgebersicht keinen Verhandlungsspielraum«, ließ die BVG vergangene Woche in einer Mitteilung zum Verhandlungsstand wissen. Diese »pauschale Forderung« könne »in absehbarer Zeit mit Blick auf den daraus resultierenden Mehrbedarf an Mitarbeitenden, Fahrzeugen und notwendiger (Straßen-)Infrastruktur realistisch nicht umgesetzt werden«. Die Angebotskürzung der M4 ließe sich auch als Warnung der Verkehrsbetriebe an Gewerkschaft und Senatsverkehrsverwaltung verstehen.
Großen Kummer bereitet erneut auch die Köpenicker Bahnhofstraße. Wieder stehen Bahnen und Busse dort im Autostau, Fahrten verlängern sich deutlich oder fallen ganz aus. Das dortige Chaos 2023 war berlinweit Thema. Wegen Bauarbeiten an der Bahnstrecke nach Erkner ist die Umfahrung über die Hämmerlingstraße erneut gesperrt. Zudem ist auch noch der Bahnübergang Rudolf-Rühl-Allee dicht, weil es just dort einen Gleisbruch gab. Die DB muss nun die Gleise erneuern, was sie schon lange vorhatte, allerdings keine Genehmigung für die nötige Straßensperrung bekam.
»Bei solchen Sperrungen müssen die Autos raus aus der Bahnhofstraße und über Puchan- und Borgmannstraße umgeleitet werden«, erneuert Christian Linow die Forderung der IGEB. Erhört wurde sie von der Senatsverkehrsverwaltung bisher nicht.
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