Borussia Dortmund mit Blick in die Geschichte gegen PSV Eindhoven

Zirkus Europa: Der BVB und die besonderen Duelle gegen niederländische Spitzenteams

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Verlorenes Europapokalfinale: Jürgen Kohler (l.) fällte in seinem letzten Spiel den Rotterdamer Tomasson und musste mit Rot vom Platz.
Verlorenes Europapokalfinale: Jürgen Kohler (l.) fällte in seinem letzten Spiel den Rotterdamer Tomasson und musste mit Rot vom Platz.

Matthias Sammer hat sich vor acht Jahren aus dem operativen Fußballgeschäft zurückgezogen, so richtig aufgefallen ist das bisher nicht. Woche für Woche fangen ihn Kameras an den Seitenlinien zwischen London, Madrid und München ein. Wahrscheinlich hat der Fernsehexperte Sammer allein seit seinem offiziellen Karriereende so viele Stadien besucht, dass es für eine Spitzenposition unter den führenden Groundhoppern im europäischen Fußballzirkus reicht. Am vergangenen Dienstag war er in München bei der bayerischen 3:0-Gala gegen Lazio, eine Woche zuvor beim nicht ganz so anspruchsvollen 1:1 von Borussia Dortmund in Eindhoven. Und natürlich ist er auch an diesem Mittwoch zugegen, wenn es der BVB im Rückspiel gegen die PSV ein bisschen besser machen will – auf dass es zum Einzug ins Viertelfinale der Champions League reicht.

Zirkus Europa

Früher schlicht Pokal der Landesmeister, heute Champions League: ein inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Sven Goldmann blickt auf den kommenden Spieltag.

In Dortmund ist für Sammer mehr im Spiel: Er steht dort als Berater unter Vertrag, ein bisschen Liebe ist auch dabei. Er hat mit dem BVB als Spieler die Champions League und die Deutsche Meisterschaft gewonnen, später war er auch als Trainer Meister und kurz davor, einen Europapokal zu gewinnen. Das war vor 22 Jahren – damals wie heute ging es gegen eine niederländische Mannschaft. 2002 ging es im Uefa-Cup-Finale gegen Feyenoord Rotterdam. Die Dortmunder fühlten sich stark wie nie: Im Halbfinale hatten sie den AC Mailand mit einem 4:0 zurück über die Alpen geschossen und drei Tage vor dem Showdown den Titel in der Bundesliga gewonnen. Da ließ es sich verkraften, dass das Uefa-Cup-Finale in Rotterdam stattfand.

Das Spiel war Dortmunds Abschiedsgeschenk für Jürgen Kohler, den mit eisernem Fuß geborenen Weltmeister von 1990. Er hatte mit dem BVB 1997 das Finale der Champions League gegen Juventus Turin gewonnen und sich den Ruf als Fußballgott ergrätscht. Das Spiel in Rotterdam war das letzte für den 37-Jährigen in seiner 18 Jahre währenden Karriere. Nach einer halben Stunde spielte Lars Ricken, der Held des Königsklassen-Triumphes von 1997, einen schlampigen Rückpass auf Kohler, der mit seinem eisernen Fuß keine Grätsche mehr ansetzen konnte und stattdessen Feyenoords Dänen Jon Dahl Tomasson umriss. Weil dies dummerweise im Strafraum geschah, bestrafte der Schiedsrichter den BVB doppelt: rote Karte für Kohler, Elfmeter für Rotterdam, den Pierre van Hooijdonk verwandelte.

In der Folge waren die dezimierten Dortmunder zwar besser, aber die B-Note für den künstlerischen Wert war schon 2002 nicht maßgeblich. Van Hooijdonk schoss noch ein zweites Tor, Tomasson ein drittes – so dass die Dortmunder Treffer von Marcio Amoroso und Jan Koller nicht mehr spielentscheidend ins Gewicht fielen.

Beim nächtlichen Bankett nach dem finalen 2:3 hielt Kohler eine emotionale Rede. Matthias Sammer bilanzierte hingegen in der für ihn nüchternen Art, »dass wir heute alle fünf Tore selbst gemacht haben«. Mal sehen, was er an diesem Mittwoch so alles sagt, wenn es für die Borussia in einem K.o.-Spiel mal wieder gegen eine niederländische Spitzenmannschaft geht.

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