Berlin: Fachhochschulen sollen promovieren dürfen

Bis Ende des Jahres sollen Fachhochschulen das Recht erhalten, Doktortitel zu verleihen

Lange schien die Aufteilung klar: Während an den Universitäten geforscht und der wissenschaftliche Nachwuchs ausgebildet wird, produzieren die Fachhochschulen Absolventen für den Arbeitsmarkt. Die Fachhochschulen verzichteten auf eigene Forschung und boten den Studierenden dafür eine praxisnahe Ausbildung.

Heute sind die Trennlinien weniger deutlich. Viele Universitäten haben ihre Lehrpläne arbeitsmarktkomform umgestellt – und an den FHs, die im Behördensprech nun »Hochschulen für angewandte Wissenschaft« genannt werden, wird schon lange geforscht. Nun soll auch das Promotionsrecht dazukommen, bislang ein streng gehütetes Privileg der Universitäten. 2021 beschloss der damalige rot-grün-rote Senat, auch den FHs das Recht zu geben, Doktortitel zu verleihen. Nach Beratungen einer Expertenkommission soll nun bis Ende des Jahres eine entsprechende Ausführungsbestimmung in Kraft treten, sagte Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx (SPD) am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Anders als Universitäten sollen die Fachhochschulen aber nicht einfach selbst Promotionsstellen ausschreiben können. Stattdessen sollen sich die FHs zusammenfinden, um Promotionszentren zu gründen. »Von der Struktur ist das ähnlich wie ein Sonderforschungsbereich«, sagte Stefan Hornbostel im Ausschuss. Der Soziologe leitete die Expertenkommission zum FH-Promotionsrecht.

Damit die FH-Promotion nicht zur »Promotion zweiter Klasse« wird, sollen hohe Qualitätsstandards für die Promotionszentren gelten. Diese sollen auf bis zu 15 Jahre angelegt sein. Kommissionen aus externen Wissenschaftlern und Berufspraktikern sollen über die Einrichtung entscheiden.

Der strikte Rahmen hat nicht nur Anhänger. Die »härtesten Voraussetzungen deutschlandweit« beschließe Berlin gerade, sagte Alexander Löser, Professor an der Hochschule für Technik. Vor allem eine Anforderung hält er für unrealistisch. Mindestens zwölf Professoren sollen an jedem Promotionszentrum beteiligt sein. So sollen die Promotionszentren ein breites Themenspektrum bearbeiten können, begründete Kommissionschef Hornbostel. »Es ist schwierig, einen hohen Fachbezug zu haben und trotzdem genügend Kollegen zu finden«, sagte dagegen Löser. »Zu manchen Themen findet man an allen Hochschulen in Berlin zusammengenommen nicht zwölf Experten.« Er forderte, die verlangte Zahl beteiligter Professoren auf sechs zu reduzieren.

Mehr Flexibilität kann sich auch der CDU-Wissenschaftsexperte Adrian Grasse vorstellen. Er sei offen für niedrigere Vorgaben. »Sechs scheint mir aber zu niedrig zu sein«, so Grasse. Auch Hornbostel gab Entwarnung: »Es geht nicht darum, sklavisch auf die Zwölf zu starren«, sagte er. Die Promotionszentren könnten auch mit weniger Professoren starten und dann auffüllen.

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