Zwangsarbeit: Migranten in Berlin als Köche ausgebeutet

Die Ermittlungsbehörden durchsuchten zahlreiche Räume der der »Zwangsarbeit« beschuldigten mutmaßlichen Bande

Mit einer groß angelegten Razzia in Berlin und Brandenburg sind das Hauptzollamt und die Kriminalpolizei Berlin gegen eine mutmaßliche Schleuserbande vorgegangen. Die Staatsanwaltschaft erhebt gegen neun Beschuldigte den Tatvorwurf Zwangsarbeit.

Indische Spezialitätenköche lebten in Restaurantkellern

Den Angaben zufolge sollen die als Bande agierenden Beschuldigten den Opfern ihre Ausweise abgenommen haben, wodurch diese ihnen ausgeliefert gewesen seien. Die Geschädigten hätten dann bis zu 13 Stunden täglich arbeiten müssen und einen Lohn gezahlt bekommen, der bis zu 75 Prozent unter dem Mindestlohn gelegen habe. Außerdem seien die überwiegend aus Indien stammenden Geschädigten in überfüllten Arbeitnehmerunterkünften der Beschuldigten untergebracht gewesen. Dort sollen sie auf engstem Raum gelebt haben – mitunter auch in den Kellern der verschiedenen Restaurants, wie es hieß.

Neun Beschuldigte im Alter von 36 bis 66 Jahren stehen im Verdacht, in den vergangenen Jahren mindestens 20 Geschädigte als Spezialitätenköche für diverse Restaurants angeworben und arbeitsrechtlich ausgebeutet zu haben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Insgesamt wurden 22 Orte, unter anderem acht Wohnungen der Beschuldigten und sieben Restaurants durchsucht. Zahlreiche Beweismittel, unter anderem diverse Speichermedien, Geschäfts- und sonstige Unterlagen, aus denen Beschäftigungsverhältnisse der Geschädigten hervorgehen, wurden sichergestellt. Verhaftungen wurden von der Staatsanwaltschaft nicht erwähnt.

Extreme Form der Arbeitsausbeutung ist selten

Die Ermittlungen führt die gemeinsame »Projektgruppe Arbeitsausbeutung« des Hauptzollamtes und des Landeskriminalamtes Berlins.

Nach Angaben des Berliner Beratungszentrums für Migration und Gute Arbeit (Bema), die im vergangenen Jahr rund 4000 Migrant*innen im Kontext mutmaßlicher Arbeitsausbeutung beraten hat, sind derlei extreme Fälle selten. 2023 betreute die Bema 49 Opfer von Zwangsarbeit und Menschenhandel. Von Zwangsarbeit spricht die Bema, wenn der Arbeitgeber durch Androhung von Gewalt, Nötigung oder Täuschung die Betroffenen in ein ausbeuterisches Arbeitsverhältnis zwingt. Mit dpa

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