TV-Duell zwischen Höcke und Voigt: Gescheiterter Drachentöter

Thüringens CDU-Vorsitzender wollte sich im TV-Duell mit AfD-Rechtsaußen Höcke als Wahlkampfentscheider inszenieren. Dabei konnte er nur verlieren

Haben sich zum Thüringer Rededuell verabredet: Björn Höcke (AfD, rechts) und Mario Voigt (CDU)
Haben sich zum Thüringer Rededuell verabredet: Björn Höcke (AfD, rechts) und Mario Voigt (CDU)

Das Timing ist an Geschichtsvergessenheit kaum zu übertreffen. Am Donnerstag, dem 11. April, wollten sich der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt und der AfD-Hardliner Björn Höcke in einem sogenannten Fernsehduell messen. Es ist jener Tag, an dem vor 79 Jahren angesichts der näherrückenden US-Truppen die Häftlinge des NS-Konzentrationslagers Buchenwald die restlichen SS-Wächter davonjagten. Die Thüringer CDU hielt das für eine gute Idee. Mario Voigt als Wiedergänger der Anti-Hitler-Koalition. Nun ja.

Der Faschist Höcke wollte diesen Tag zu einem Entscheidungsdatum im Wahlkampf machen; der CDU-Politiker Voigt bot ihm gemeinsam mit dem TV-Ableger der Springer-Zeitung »Die Welt« eine Bühne. Schon die Vorgeschichte zeigt, dass einer wie Höcke nicht so nebenbei abzufertigen ist. Voigt hatte Höcke nicht ganz korrekt zitiert, der forderte eine Richtigstellung und stichelte so lange, bis Voigt sich zum Treffen im »Boxring der Demokratie« (Welt-TV) bereiterklärte.

Wolfgang Hübner
Wolfgang Hübner

Wolfgang Hübner gehört der nd-Redaktionsleitung an und befasst sich vor allem mit innenpolitischen Fragen.

Beide haben ein gemeinsames Interesse: Sie wollen sich ein knappes halbes Jahr vor der Landtagswahl als die zentralen Figuren dieses Wahlkampfs inszenieren. Das liegt im Trend einer politischen Kultur, die immer stärker von Personalisierung geprägt ist. Die rot-rot-grüne Thüringer Minderheitsregierung, ihre konfliktreiche Kooperation mit der CDU – all das droht zur Fußnote zu werden, und man geht wohl nicht fehl mit der Vermutung, dass das auch im Interesse des gastgebenden Senders liegt.

Die dahinter stehende grundsätzliche Frage ist: Sollen Demokraten überhaupt mit Antidemokraten reden, ihnen ein Podium verschaffen? Das sehen auch in der CDU manche anders. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff würde der AfD jedenfalls »keine Plattform geben wollen, abseits dessen, was ihr parlamentarisch zusteht«. Denn damit setze man rechtsextreme Ideen auf Augenhöhe und stelle im konkreten Fall Höcke als ernstzunehmende Alternative dar. Sehr Ähnliches sagt Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow, der nun den schwarz-braunen Versuch erleben musste, ihn und Die Linke auszubremsen.

Dass er Höcke entlarven wollte, darf man Voigt glauben. Doch er begegnete nicht dem Scharfmacher von Kundgebungen und Parteitagen mit Hang zum NS-Sound. Und was gibt es zu entlarven, was man noch nicht wüsste? Die Auseinandersetzung mit der AfD läuft seit Jahren und ist weiter nötig. Wer sie zur Kenntnis nehmen will, hat es getan. Doch Nazipopulisten im Gespräch bloßzustellen, das hat schon beim österreichischen FPÖ-Führer Jörg Haider nicht funktioniert, der lächelnd in Talkshows lümmelte und geschmeidig seine Parolen verbreitete. Und es wird auch bei einem TV-Duell zwischen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht an Grenzen stoßen, das neulich ins Spiel gebracht wurde.

Man wollte Mario Voigt Erfolg wünschen. Doch er kümmert sich mehr um ein Image als Drachentöter vom Thüringer Wald als um stabile politische Verhältnisse im Lande nach der Wahl. Dafür hilft nur die realistische Anerkennung der Verhältnisse, aus denen man das Beste machen muss. Und das Beste ist nicht, Ramelow ins Dämmerlicht jenseits der Scheinwerfer zu schieben und Höcke ins Rampenlicht.

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