»Herber Rückschlag« gegen Hertha BSC: Redebedarf in Rostock

Der F.C. Hansa geht mit 0:4 in Berlin unter, hat aber Hoffnung im Abstiegskampf

Dennis Dressel (2.v.r.) und Hansa waren der Hertha haushoch unterlegen.
Dennis Dressel (2.v.r.) und Hansa waren der Hertha haushoch unterlegen.

Kristian Walter hat in dieser Woche viel Arbeit vor sich. Vor allen Dingen muss der Sportliche Leiter von Hansa Rostock viel reden. Aber erst einmal musste er sich selbst erholen. Der Ausflug nach Berlin hatte im sichtlich zugesetzt. Konsterniert stand er am Freitagabend noch anderthalb Stunden nach dem Abpfiff in den Katakomben des Olympiastadions und hatte das 0:4 bei Hertha BSC noch nicht annähernd verarbeitet. Seine grobe Einordnung des Geschehen: »Eine herbe Niederlage.«

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Höchste Saisonniederlage

Die Spieler fanden für Hansas höchste Saisonniederlage auch kaum klare Worte. Dennis Dressel sprach davon, dass er und sein Team »gefühlt immer einen Schritt zu spät gekommen« waren. Kurz, aber treffend kommentierte Trainer Mersad Selimbegovic den Auftritt seiner Mannschaft: »In der ersten Halbzeit waren wir zu mutlos, in der zweiten zu naiv.« Offensiv kam Hansa nicht über harmlose Annäherungsversuche Richtung gegnerisches Tor hinaus, besorgniserregend schlecht war die Abwehrarbeit. Spielend leicht fanden Herthas Angreifer immer wieder große Lücken in der Rostocker Fünferkette, meist über die Außenbahnen. Die Folge: Zwei Berliner Tore durch Palko Dardai und Fabian Reese in Halbzeit eins. Zwei Konter im zweiten Durchgang führten zu den Treffern drei und vier, erneut von Palko Dardai und Haris Tabakovic.

Das Gute in all dem Schlechten: Der F.C. Hansa ist in der 2. Bundesliga trotz der Niederlage in Berlin keineswegs hoffnungslos verloren. Der Sprung auf den ersten Nichtabstiegsplatz war nach vier Monaten im Tabellenkeller in der Vorwoche geglückt, jetzt stehen die Rostocker wieder auf dem Relegationsplatz, punktgleich mit Eintracht Braunschweig und Wehen Wiesbaden. Verantwortlich für den Aufschwung ist Trainer Selimbegovic, der in der Winterpause geholt wurde. Nach Anlaufschwierigkeiten gelangen vor der Partie gegen Hertha zuletzt drei Siege in vier Spielen.

Negativerlebnis als Wachmacher

Auslöser dieser wichtigen Erfolgsserie war ein ähnlich erschreckendes Negativerlebnis wie nun in Berlin. Walter erinnert sich im Gespräch mit »nd« gut daran: »Die Niederlage gegen Kaiserslautern war ein extrem herber Rückschlag.« Gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf hatte Hansa Anfang März das Heimspiel mit 0:3 verloren. Selimbegovic durfte nach kurzen Diskussionen weitermachen. Walter berichtet von »vielen Gesprächen«, die damals mit der Mannschaft geführt wurden, immer wieder »mit einzelnen Spielern und in Gruppen.« Genau dies steht jetzt wieder an, dem Team »Sicherheit geben, Glauben vermitteln, in der Aufarbeitung des Spiels negative Erfahrungen einordnen und auch relativieren«, gibt der Sportliche Leiter Einblick in seine kommenden Arbeitswoche.

Die Erfahrungen aus dem März machen es jetzt leichter. Und glaubhaft Stärke in schwierigen Zeiten vermitteln, das können sie beim F.C. Hansa. Walter, der im Sommer nach Rostock gekommen ist, verweist auf den nervenaufreibenden und erfolgreichen Abstiegskampf in der Vorsaison. Was damals half, soll auch diesmal zum Erfolgsfaktor werden: Die große Stärke eines Traditionsvereins. Damit kennt sich der Sportliche Leiter bestens aus, vor seiner Zeit an der Ostseeküste hat er elf Jahre in verschiedenen Positionen bei Dynamo Dresden gearbeitet. »Traditionsvereine leben von den Emotionen, man kann sich leichter gegenseitig den Glauben an die eigene Kraft vermitteln«, sagt Walter. Was er damit meint, war im Olympiastadion zu erleben: Rund 25 000 Rostocker Fans hatten ihr Team nach Berlin begleitet. Abgesehen von einigen unnötigen Raketen und Knallkörpern, diese Unterstützung war beeindruckend.

Hoffen auf Heimstärke

So etwas hat Mersad Selimbegovic »noch nie erlebt«, erzählte er später: »Das muss uns Mut geben.« Den hatte Mittelfeldspieler Dennis Dressel nach dem Abpfiff und den minutenlangen Anfeuerungen aus dem Fanblock dann auch schnell wieder gefunden. »Magdeburg kommt nicht mit großer Freude ins Ostseestadion«, sagte er mit Blick auf den kommenden Gegner und die Heimstärke der Rostocker. »Wir fühlen uns zuhause extrem wohl«, sagte er und erwarte ein »großes Spiel.« Und die Angst vor dem Abstieg? »Damit beschäftigen wir uns gar nicht«, erklärte Walter. Davon muss er jetzt die Mannschaft überzeugen.

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