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Es braucht mehr als nur gratis Tampons

Der Finanzstaatssekretär erfreut sich an kostenlosen Periodenprodukten an Schulen – doch das reicht nicht

Dass Menstruationsprodukte gratis zur Verfügung stehen, ist nett – aber nicht ausreichend
Dass Menstruationsprodukte gratis zur Verfügung stehen, ist nett – aber nicht ausreichend

»HAAATSCHI!« Ein mittelstarker Nieser genügt, um so mancher Menstruierenden das Herz in die Hose rutschen zu lassen. Dann macht der volle Tampon einen Hopser Richtung Vaginalausgang und Betroffene beißen verzweifelt ihre Zähne zusammen, da ihnen der Ersatztampon fehlt.

Die meisten Personen, die menstruieren, sollten die eine oder andere Situation kennen, in dringenden Notfällen kein Periodenprodukt parat zu haben. Deswegen ist die Hilfsbereitschaft auf Frauen- und Flinta*toiletten (Akronym für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen) oft hoch. In der Warteschlange vor den besetzten Kabinen wird die Frage nach einer Binde oder Tampon per empathischer, nicht ganz so stiller Post weitergereicht. Irgendjemand hat dann doch immer eine Reserve dabei, die der Bedürftigen hastig unter die Kabinentür geschoben wird.

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Solche Einzelnotfälle sind noch die harmlosere Variante von fehlenden Periodenprodukten. Für Menschen, die dauerhaft unter prekären Umständen, vom Bürgergeld oder Grundsicherung leben, sind regelmäßige Kosten für Menstruationsartikel sowie Medikamente ein schmerzhafter Griff in den Geldbeutel.

Maxi Bethge-Lewandowski, Gründerin und Vorstand von Periodensystem e.V., fordert, dass Menstruationsprodukte hierzulande kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollten. Der Verein setzt sich seit 2016 für die Bekämpfung von Periodenarmut und Menstruationsaufklärung ein. Zunächst versorgte der Verein Notunterkünfte wie GEBEWO – Soziale Dienste – Berlin gGmbH, welche Wohnungsnotfallhilfe anbieten. Mit zunehmenden Jahren seien allerdings Anfragen vor allem von Schulen gestiegen, sagt die Gründerin: »Wir fragen uns, woran das liegt – sind wir als Verein bekannter geworden, oder ist die Lage für Schüler*innen prekärer als zuvor?« Bethge-Lewandowski erklärt, dass Schulen von Kindern berichten, die ohne Frühstück zum Unterricht erscheinen, weil die Familien auf Sozialhilfe angewiesen und sich schier keine Mahlzeit mehr leisten können.

Indes verkündete der Finanzstaatssekretär Wolfgang Schyrocki (CDU) am Dienstagmorgen, dass Periodenprodukte in Berlin zunehmend kostenlos in Toiletten von öffentlichen Gebäuden, Jugendzentren und Mädchentreffs zu finden seien. So werden in Schulen in den Bezirken Mitte, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick »bereits Menstruationsartikel zur Verfügung gestellt«, in Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf seien Pilotprojekte angelaufen.

Hochschulen würden sich stärker um das Problem kümmern: So sollen an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Freien Universität Berlin, der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee, der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und der Universität der Künste Berlin Periodenprodukte bereitstehen.

Dies sei aber »nur ein Bruchteil von dem, was getan werden muss«, kritisiert Bethge-Lewandowski von Periodensystem. So müsse mehr Aufklärungsarbeit an Schulen geleistet werden, damit die Tabuisierung der Menstruation aufhört und Betroffene über Periodenkrankheiten wie das toxische Schocksyndrom informiert werden. Es gäbe Bücher wie »Ellas Welt – Zeitgemäße Periodenaufklärung für Mädchen«, die den Schulen zur Verfügung gestellt werden könnten.

Das toxische Schocksyndrom ist eine Infektionskrankheit, die insbesondere dadurch ausgelöst wird, wenn Produkte wie Tampons oder Schwämme zu lange in der Vagina verbleiben. Das passiere unter anderem dann, »wenn Menschen auf das Geld schauen müssen und Periodenprodukte zu lange nutzen, um es aufzusparen«, sagt Bethge-Lewandowski.

Darüber hinaus bräuchte es »ganz dringend mehr kostenlose Toiletten für alle, nicht nur Pissoirs«, so die Gründerin. Insbesondere obdachlose und wohnungslose Menschen seien von negativen Folgen fehlender öffentlicher Toiletten betroffen, indem sie Tampons in Gebüschen wechseln müssten: »Das ist eine sehr intime Situation und dabei kann es auch zu Angriffen kommen.« Kostenlose Hygieneprodukte sind somit nicht die einzige Stellschraube, an der gedreht werden müsste.

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