DRK gegen »nd«: Noch kein Urteil gefallen

Entscheidung des Gerichts über einstweilige Verfügung steht aus

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Zivilkammer des Berliner Landgerichts II hat vorerst noch nicht entschieden, ob sie den Antrag auf einstweilige Verfügung des Deutschen Roten Kreuzes Sozialwerk Berlin gGmbh (DRK SWB) gegen einen Bericht des »nd« aus dem April zur Massenunterkunft für Geflüchtete in Tegel annimmt. Am Donnerstag fand eine mündliche Verhandlung statt, deren Ergebnis noch nicht mitgeteilt wurde.

Eine der Kernfragen der Verhandlung war die Frage, welche der streitenden Parteien die Aussagen über Missstände in Tegel beweisen beziehungsweise widerlegen muss. Das DRK SWB, vertreten von der Anwältin Clara von Harling von der bekannten Kanzlei Schertz Bergmann, argumentierte, das »nd« müsse Beweise für die Aussagen von anonym gebliebenen Mitarbeiter*innen des Ankunftszentrums Tegel vorbringen, die in dem Bericht zitiert werden. Der Richter allerdings verwies darauf, dass die vorliegende eidesstattliche Versicherung der Autorin des strittigen Artikels durchaus glaubhaft mache, dass es sich bei den Zitierten tatsächlich um Mitarbeiter*innen der Unterkunft handele, deren Darstellungen geprüft worden sind.

Das DRK SWB hingegen habe es unterlassen, die von ihm bestrittenen Aussagen glaubhaft zu widerlegen, so der Richter ebenso wie der Anwalt des »nd«, Johannes Eisenberg. Eisenberg argumentierte, das DRK SWB habe die Eilbedürftigkeit, eine Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung, selbst widerlegt, indem es keine Belege in der Antragsschrift vorbrachte, sondern nur behauptete, dass die Aussagen nicht zuträfen.

Der Sitzungssaal am Tegeler Weg war mit etwa 30 Zuschauer*innen gefüllt, darunter Pressevertreter*innen und Unterstützer*innen des »nd«. Viele von ihnen sind selbst in der Geflüchtetenhilfe tätig, wie sie in Gesprächen am Rande der Verhandlung sagten, und kennen daher die Zustände für Geflüchtete in der Massenunterkunft. Deshalb empöre sie die Nachricht über den Antrag auf einstweilige Verfügung durch das DRK SWB.

»Das DRK täte gut daran, seine Ressourcen in die Verbesserung der Zustände vor Ort zu stecken anstatt in die Verfolgung kritischer Berichterstattung«, sagt Anwalt Johannes Eisenberg nach der Verhandlung zu »nd«. Dass so viele Zuschauer*innen diese verfolgt hätten, zeige, dass das öffentliche Interesse an den Verhältnissen in der Unterkunft groß sei.

Auch Emily Barnickel vom Berliner Flüchtlingsrat kritisiert das Vorgehen des DRK SWB. Anstatt offen mit Missständen umzugehen, werde Tegel abgeschottet und kritische Stimmen von innen oder außen würden ruhiggestellt, sagt sie zu »nd«. »Es geht nicht um einen selbstkritischen Umgang mit der Situation für geflüchtete Menschen in Tegel, sondern um eine teure Auseinandersetzung, wie wir sie aus der Medienbranche kennen, aber wohl kaum aus dem sozialen Bereich.«

»Wir verstehen das juristische Vorgehen des DRK SWB als Versuch, eine kritische Berichterstattung zu einem wichtigen politischen Thema zu unterdrücken oder zu verhindern«, sagt Wolfgang Hübner von der nd-Chefredaktion im Anschluss an den Gerichtstermin. »Dagegen wollen und müssen wir uns zur Wehr setzen.« Bis Redaktionsschluss wurde dem »nd« keine Mitteilung des Gerichts über eine Entscheidung zugestellt. Ein ausführlicher Bericht folgt in unserer Wochenendausgabe »nd.DieWoche«. loz

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