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Maulwurf Milei untergräbt Argentinien
Martin Ling über den Versuch des Systemwechsels in Argentinien
Es ist ein Sieg mit Abstrichen, aber es ist ein Sieg: Argentiniens rechtslibertärer Präsident Javier Milei hat es ohne eigene Mehrheiten im Abgeordnetenhaus und Senat geschafft, wichtigen Teilen seiner Schocktherapie einen demokratischen Anstrich zu verpassen. Nach monatelangen Debatten hat das Parlament am Freitag ein umstrittenes Paket von Wirtschaftsreformen verabschiedet. Es folgt im Kern dem neoliberalen Washington Consensus mit den Elementen Reduzierung des Haushaltsdefizits, Privatisierung und Liberalisierung. Teile der Schocktherapie sind die Kürzung der Mindestrente und die Einschränkung der Arbeitnehmerrechte.
Milei macht kein Hehl aus seinem Anliegen: »Ich will das System als Maulwurf von innen verändern« – dabei trifft es zerstören viel besser. Ein Jahr hat er nun Sondervollmachten, um durchzuregieren – vom Kongress bewilligt, auch wenn der nur 210 von ursprünglich 664 Artikeln billigte.
Argentinien steht vor einem großen Experiment mit ungewissem Ausgang. Milei will einen Systemwechsel, der weit über einen Wirtschaftsplan mit neoliberalen Merkmalen hinausgeht, wie ihn Argentinien in den 90er Jahren unter Carlos Menem, aber auch unter Mauricio Macri von 2015 bis 2019 mit katastrophalen Krisen am Ende erlebt hat. Milei will weit mehr, er will den Staat abschaffen, das Bestehende umstürzen und die Gesellschaft grundlegend mit dem offen ausgerufenen Kulturkampf verändern. Ein klares Bekenntnis zur Demokratie hat Milei bisher immer verweigert. Noch ist der Systemwechsel nicht vollzogen. Das Jahr mit den Sondervollmachten wird wegweisend.
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