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- »Compact«-Verbot
Mit Vorsicht zu genießen
Jana Frielinghaus zum Verbot des »Compact«-Magazins
Vollkommen klar: »Compact« ist ein gefährliches Hetzblatt. Weil es zwischen Information und Einordnungen in rechte Verschwörungserzählungen und völkische Ideologien oszilliert. Insofern fühlt man erst einmal Genugtuung ob des Verbots, das offenbar auch für den Chefredakteur und Gründer des Monatsmagazins überraschend kam. Denn dieser Jürgen Elsässer ist einer der cleversten Agitatoren und Demagogen jener Szene, die offen neofaschistische Mörderbanden wie den NSU als Widerstandskämpfer glorifiziert.
Ob die Aktion tatsächlich ein »harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene« war, wie Bundesinnenministerin Faeser sie nannte, ist indes offen. Zwar verlieren die Propagandisten der »neuen Rechten« ein reichweitenstarkes Medium. Aber: Es gibt weitere, die nur etwas moderater daherkommen. Außerdem wird Elsässer weiter auf Kundgebungen der extremen Rechten seine Aufrufe verbreiten, sich mit allen Mitteln gegen die »Umvolkung« zu wehren. Und natürlich wird er im Hintergrund weiter Fäden ziehen und an der internationalen Einheitsfront von Rechtsradikalen und Nationalisten arbeiten.
Sein Einfluss ist kaum zu unterschätzen, auch weil er politische Ziele griffig formulieren kann. Und die sind teils deckungsgleich mit jenen der »Systemparteien«, die die Rechte zu bekämpfen vorgibt. In Wahrheit treibt sie sie vor sich her, und sie machen willig mit. Was insbesondere der AfD nützt. Sie kann sagen: Der Druck wirkt. Zugleich können sich AfD und Co. dank des »Compact«-Verbots noch wirkungsvoller als unbeugsame Verfolgte inszenieren. Das wie auch die Möglichkeit, dass Elsässer vor Gericht erfolgreich dagegen vorgeht, könnte das Verbot bald zum Pyrrhussieg machen.
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