Berliner Haushalt: Rotstift trifft Klima, Kultur und Kinder

Weniger Jugendarbeit, teureres Sozialticket: Der soziale Bereich wird bei Haushaltskürzung nicht verschont

Die Koalition aus CDU und SPD will sparen statt investieren.
Die Koalition aus CDU und SPD will sparen statt investieren.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die Senator*innen Franziska Giffey (SPD) und Stefan Evers (CDU) sprechen am Dienstagmorgen wiederholt davon, Schmerzen zu haben. Bei der Pressekonferenz im Abgeordnetenhaus erklären sie, dass sie drei Milliarden einsparen müssen.

Zwei der drei Milliarden sind reale Einsparungen für den Haushalt, eine Milliarde wird durch »alternative Finanzierung« eingespart, wie Wirtschaftssenatorin Giffey erklärt. So werden Landesausgaben auf kommunale Betriebe (zum Beispiel die BVG) umgeschichtet, die dafür Kredite aufnehmen.

Dabei trifft die Kürzungpolitik zwar alle Ressorts, jedoch nicht in gleicher Art und Weise. Am meisten sparen muss die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. 660 Millionen Euro werden gestrichen, das entspricht 18,5 Prozent des Etats. Den größten Etat des Berliner Haushalts, den Bildungshaushalt, trifft es mit 370 Millionen. Das sind 6,5 Prozent. Die Innenverwaltung und die Sozialverwaltung müssen jeweils vier Prozent einsparen.

Was genau heißt das jetzt für die Berliner*innen? Laut einer Konsolidierungsliste mit Titeln und veranlassten Kürzungen, die »nd« vorliegt, bedeutet das im Bereich Klima, dass Maßnahmen für sicherere Rad- und Fußwege und für mehr Sicherheit im Verkehr jeweils um mehrere Millionen Euro gekürzt werden. Es heißt außerdem, dass das 29-Euro-Ticket gestrichen wird. Senatorin Giffey betonte jedoch, dass dies nicht für bereits abgeschlossene Jahresabos gelte, sondern nur für Neuabschlüsse.

Um zu sparen, will die Koalition außerdem die Preise für das Sozialticket von 9 auf 19 Euro anheben. Laut Giffey sei 19 Euro immer noch ein »sehr kleiner Betrag« im bundesweiten Vergleich. Dabei gibt es in Städten wie Hamburg beispielsweise für 19 Euro sogar ein Deutschlandticket für arme Menschen.

Für die Kultur heißt die Kürzungspolitik, dass die Berlinale im Jahr 2025 mit nur einer statt zwei Millionen Euro gefördert wird. Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, hatte bereits angekündigt, dass Produktionen wegfallen. »Wir werden in den Spielzeiten 25/26 und 26/27 mindestens fünf Produktionen streichen müssen.« Die Kulturszene plant, mit einem großen Konzert am Dienstagabend gegen die Sparpläne zu protestieren.

Wo wird gespart?
  • 18,5 Prozent bei Verkehr, Umwelt und Klimaschutz
  • 12 Prozent bei Kultur
  • 6,5 Prozent bei Bildung
  • 4 Prozent bei Inneres und Sport
  • 4 Prozent bei Soziales dpa

Im Bereich Bildung trifft es laut Angaben des »Tagesspiegel« zum Beispiel eine Schule in Pankow und eine inklusive Schwerpunktschule in Reinickendorf, die sich noch im Bau befinden. Mehr als neun Millionen Euro werden laut Konsolidierungsliste bei der freien Jugendarbeit gekürzt, dreieinhalb Millionen bei der schulbezogenen Sozialarbeit.

Die Senator*innen und der Regierende Bürgermeister sprachen neben Schmerzen über ihren Stolz, vertauensvoll zusammenzuarbeiten, die Bezirke nicht zu belasten und Klarheit zu schaffen. Am meisten gekürzt habe man laut Evers dort, wo die Kosten explodiert seien. »Jedem muss klar sein: Es wird nicht mehr«, sagte der Finanzminister über den 42 Milliarden Euro schweren Haushalt.

Kritik an der Kürzungspolitik gibt es unter anderem von Wohlfahrtsverbänden, der Fraktion von Linken und Grünen, dem Landesjugendring und dem BUND.

Sebastian Schlüsselburg, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, sagt »nd«, man müsse nach geltendem Haushaltsgesetz nicht drei Milliarden einsparen. »Es gibt in der jetzigen Rezession die Möglichkeit, Konjunkturkredite aufzunehmen«, erklärt er. So hätte die Koalition unter Geltung der Schuldenbremse die Möglichkeit, Investitionen zu tätigen oder die Rücklage aufzufüllen. Für 2024 wäre das fast, laut Schlüsselburg, eine Milliarde, für das kommende Jahr 531 Millionen.

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»Das, was jetzt weggekürzt wird, ist dann – und das wissen wir aus der Sarrazin-Zeit – auch erst mal nachhaltig weg«, sagt Schlüsselburg. Investitionen, die heute nicht getätigt würden, seien die Schulden von morgen.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hatte mehrfach von einer Reform der Schuldenbremse gesprochen. Schlüsselburg fordert, dass Wegner sich erklären müsse, »warum er noch nicht einmal bereit ist, ihren Spielraum voll auszuschöpfen.« Laut dem finanzpolitischen Sprecher der Linksfraktion könne man sich Zeit erkaufen, wenn die Kreditermächtigungssumme für 2024 angepasst werde und der Haushalt noch in diesem Jahr beschlossen.

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