CSU möchte Bezahlkarten-Tausch verbieten

In mehreren bayerischen Städten können Schutzsuchende das Bargeldlimit umgehen – zum Ärger der CSU

Im März stellte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Bezahlkarte vor.
Im März stellte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Bezahlkarte vor.

Von normalen privatrechtlichen Tauschgeschäften sprechen die einen. Von undemokratischem Handeln – das noch dazu rechtswidrig sei – die anderen; namentlich die CSU. Es geht um die Bezahlkarte für Asylbewerber*innen. Die bayerische Landesregierung ist stolz darauf, das umstrittene System »als erstes Flächenland« eingeführt zu haben. Seit Juni bekommen Schutzsuchende in Bayern Geld nur noch in Form von Guthaben auf einer Art Bankkarte mit Einschränkungen; für Bargeldabhebungen gilt eine monatliche Grenze von 50 Euro. Und seit Juli können Betroffene diese Regelung in mehreren Städten umgehen, indem sie mit der Karte erworbene Einkaufsgutscheine gegen Bargeld umtauschen. Dafür betreiben lokale Initiativen »Wechselstuben« – auch in Parteibüros, etwa der Grünen.

Wie nun bekannt wurde, möchte die CSU im bayerischen Landtag diese Tauschaktionen unter Strafe stellen. »Leider werden sie derzeit nicht sanktioniert. Das wollen wir über eine Initiative im Bundesrat ändern«, sagt der innenpolitische Sprecher der CSU, Holger Dremel. Sanktionen fordert auch der Arbeitskreis Juristen der CSU (AKJ). Dessen Landesvorsitzender und Landtagsabgeordnete Winfried Bausback wird gegenüber »nd« konkreter: Die Strafe solle »am einfachsten über eine Ergänzung und Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes« sichergestellt werden und »mit einer empfindlichen Geldbuße oder Strafe geahndet werden«.

»Die geforderte Einschränkung ist rechtlich wie praktisch kaum umsetzbar.«

Antonella Giamattei Rechtsanwältin

Grund dafür sei, dass die Umtauschaktionen den eigentlichen Zweck der Bezahlkarte umgingen: die Bezahlung von Schlepper*innen und Überweisungen in die Heimatländer zu verhindern. Tauschende »handeln somit entgegen der Rechtsordnung und den demokratisch legitimierten Entscheidungen«, so Bausback.

Eine populistische Aussage, findet Antonella Giamattei, die als Rechtsanwältin im Migrationsrecht in Bayern tätig ist. Denn die Tauschaktionen seien »normale privatrechtliche Tauschgeschäfte«, sagt sie »nd«. Dass unsere Rechtsordnung auch die freie Marktwirtschaft schütze, »sollte man einem CSU-Mitglied nicht erklären müssen«. Weder der Kauf von Gutscheinen mit der Bezahlkarte noch der Umtausch sei strafrechtlich relevant oder anderweitig sanktionierbar, so Giamattei. Das habe die Staatsanwaltschaft München I bereits festgestellt.

Auch die geforderte Einschränkung im Asylbewerberleistungsgesetz hält Giamattei für »rechtlich wie praktisch kaum umsetzbar«. Denn Verbote, wie die Leistungen ausdrücklich nicht verwendet werden dürften, bärgen die Gefahr, das im Grundgesetz garantierte menschenwürdige Existenzminimum zu unterlaufen.

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Zudem würde eine Bestrafung erfordern, sämtliche Bezahlvorgänge mit der Karte zu überwachen. »Das wäre datenschutzrechtlich unzulässig«, meint Rechtsanwältin Giamattei. Ohnehin sei eine solche Überprüfung »faktisch kaum durchsetzbar«. Denn allein anhand des Zahlbetrags könne man nicht unterscheiden, ob eine Person mit Bezahlkarte einen Gutschein oder Waren gekauft hat.

Rechtliche Bedenken hat Giamattei zwar auch – die betreffen aber nicht die Umtauschaktionen, sondern die Einführung der Bezahlkarte. »Bereits mehrere Sozialgerichte, etwa in Hamburg und Nürnberg, haben an der pauschalen Limitierung des Bargeldbetrags für Geflüchtete verfassungsrechtliche Zweifel erhoben«, so die Rechtsanwältin. Das Sozialgericht München hat bislang hingegen mehrere Eilanträge gegen die Bezahlkarte für Asylbewerber abgelehnt.

»Wir werden unsere Räumlichkeiten weiterhin zur Verfügung stellen.«

Burkhard Wiesemann Grüne Regensburg

Besonders stört sich die CSU daran, dass die Umtauschaktionen auch in Parteibüros stattfinden. In Regensburg stellen die Grünen ihre Räume zur Verfügung. Für den Landtagsabgeordneten Holger Dremel zeigt das: »Die Grünen wollen die illegale Migration gar nicht bekämpfen.« Allerdings sei wissenschaftlich belegt, dass Sozialleistungen keinen entscheidenden Anreiz für Menschen darstellen, nach Europa zu fliehen, so Rechtsanwältin Giamattei. »Und die These, Schleuser*innen würden sich im Nachgang bezahlen lassen, erscheint aus meiner beruflichen Erfahrung absolut realitätsfremd.« Demzufolge wäre auch die Bezahlkarte kein geeignetes Mittel, die »illegale Migration« zu reduzieren – und der Vorwurf an die Grünen ein Hieb in die Leere. Die reagieren gelassen auf die Drohungen der CSU, wie Burkhard Wiesemann von den Regensburger Grünen »nd« mitteilt. »Wir werden die Räumlichkeiten unserer Geschäftsstellen weiterhin der Initiative Kartentausch zur Verfügung stellen.«

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