Krank, kränker, Berliner Wald

Der neueste Waldschutzbericht zeigt: Klimaschutz ist notwendig – und braucht Geld

Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) und Gunnar Heyne, der Direktor der Berliner Forsten, im Forstamt Tegel
Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) und Gunnar Heyne, der Direktor der Berliner Forsten, im Forstamt Tegel

»Das hier nenne ich gern die Entwicklung der Kiefer zum Laubbaum«, sagt Gunnar Heyne und zeigt auf einen von zwei abgeschnittenen Kiefernzweigen. Heyne ist Direktor der Berliner Forsten und hat die Zweige nicht zum Spaß vom Baum getrennt. Er zeigt sie in Anwesenheit von Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) und Presse am Mittwoch im Tegeler Forstamt, um anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Waldschutzberichts zu verdeutlichen: Berliner Bäume kränkeln.

Heyne vergleicht den Kiefernzweig mit einem Laubbaum, weil dieser – für Nadelbäume untypisch – seine älteren Jahrgänge an Nadeltrieben abwirft. Das Phänomen kann der Förster nicht sicher erklären. Mit Sicherheit kann er jedoch sagen, dass es nicht gut ist, nicht nur für den Baum selber. Weniger Triebe führen zu lichteren Kronendächern und das wiederum zu trockeneren Böden. Der aktuelle Waldschutzbericht zeigt, dass es den Berliner Wäldern im Vergleich zu 2023 insgesamt schlechter geht: 37 Prozent der Bäume zeigen deutliche Schäden (2023: 30 Prozent). Nur noch 4 Prozent der Bäume haben keine sichtbaren Schäden – damit liegt der Wert laut Umweltsenat auf dem Allzeittief von 2022. Dafür starben von 100 000 Kiefern nur 28 – und außerdem 47 Eichen, das ist weniger als 2023.

Mit 18 Prozent Wald an der Gesamtfläche gehört Berlin zu den waldreichsten europäischen Metropolen. Nicht allen Bäumen geht es hier gleich schlecht: Der Zustand der Kiefer hat sich laut Bericht das zweite Jahr in Folge verbessert. Die Vitalität der Eichen nimmt dafür seit 2020 ab: 87 Prozent der Eichen zeigen deutliche Schäden (2023: 60 Prozent). Es gibt laut Bericht keine Eiche, die keine Schäden aufweist.

Da nicht jeder Berliner Baum untersucht werden kann, zieht der Waldschutzbericht seine Erkenntnisse aus einer zwei mal zwei Kilometer großen Fläche, wie Förster Heyne erklärt. Dort werden an 41 Stellen Baumproben genommen und ausschließlich ihre Kronen untersucht. Würde man die Jungpflanzen und unteren Teile des Baumes untersuchen, wären die Ergebnisse günstiger, sagt Heyne.

Laut Bonde zeigten die Anstrengungen der Forsten erste Erfolge. Denn die Zahl der Laubbäume und die Artenvielfalt nähmen weiter zu; ein flächiges Absterben des Waldes, wie in anderen Regionen Deutschlands, bleibe in der Hauptstadt aus. Dennoch bedrohe die Klimakrise den Wald, der sich nicht auf die Schnelle den Veränderungen anpassen könne. Auf einen milden, extrem nassen Winter 2023/24, sei ein sehr warmes Frühjahr mit Spätfrost und zu wenig Niederschlägen im Sommer gefolgt, fasst Bonde das Jahr zusammen. Jeder Monat war zu warm, die Niederschläge zu gering, ergänzt Heyne. Darum würden die Förster nur noch im Herbst pflanzen – das Frühjahr sei zu unsicher.

»Kürzen bei den Waldschulen geht gar nicht.«

Gunnar Heyne Direktor der Berliner Forsten

»Der Patient Wald kann sich nicht selbst heilen«, betont Heyne. Er freut sich, dass die Senatsverwaltung für Umwelt 2025 ein zweites »Waldbrand-Überwachungssystem« ermögliche. Dieses nehme mit diversen Kameras im Umkreis von 15 Kilometern Rauch wahr. Mit mehr Geld könne man so ein System auch für Tegel ermöglichen, sagt Heyne. Doch der unsichere Haushalt begrenze die Schutzmaßnahmen. Laut der aktuellen Liste soll bei den Forsten von insgesamt 3,5 Millionen Euro eine Million eingespart werden. 400 000 von 1,8 Millionen Euro beim Mischwaldprogramm und 300 000 bei den Waldschulen.

»Bei den Waldschulen kämpfe ich um jeden Euro«, sagt Förster Heyne. Kürzen gehe da gar nicht. Denn Waldschutz habe mit Bildung zu tun. Die Waldschulen ermöglichen ein »Erlebnis, wie man fair mit dem Wald umgeht«, sagt Heyne zu »nd«. Immer wieder begegneten Pädagog*innen dort Kindern und Jugendlichen, die noch nie im Wald waren, erzählt der Förster, der sich von einer ökologisch geschulten heranwachsenden Generation positive Impulse für die Älteren erhofft.

»Wir sehen dem Wald beim Sterben zu«, sagt der Landesvorsitzende des NABU, Rainer Altenkamp. Laut seinem Verein brauche es ein zukunftsfähiges Konzept zur Reduzierung der Grundwasserentnahme. Es brauche ein Ende der »Zerschneidung von Waldflächen«, da diese Trockenstress fördere. Außerdem müsse der Holzeinschlag möglichst gering gehalten werden.

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