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Finanzielle Gratwanderung
Die Krankenhausreform macht die Daseinsvorsorge eher unsicherer, meint Ulrike Henning
Die Krankenhausreform soll für den Bund kostenneutral realisiert werden, das war und ist eine der Bedingungen für das Vorhaben. Sie wurde lange nicht mehr so explizit zur Sprache gebracht, de facto aber wäre das aber auch mit einer jetzt veröffentlichen Verordnung sicher. Denn ein riesiger Fördertopf, der die Reform flankiert, soll weiterhin halbe-halbe von den Gesetzlichen Krankenversicherungen und den Bundesländern bestückt werden. Insgesamt 50 Milliarden Euro über zehn Jahre ab 2026 sind bereitzustellen.
Da es um Investitionen geht, ist der Länderanteil durchaus gerechtfertigt. Die Verantwortung der Länder für diesen Bereich ist schon lange gesetzlich festgeschrieben, wird aber nirgendwo vollständig wahrgenommen. Das Investitionsdefizit liegt bei insgesamt mindestens 30 Milliarden Euro. Aufgebaut hat sich diese Lücke in den letzten zehn Jahren, die Länder kommen ihren Verpflichtungen im Schnitt zu 50 Prozent nach.
Die halbe verbleibende Last des Transformationsfonds von 2,5 Milliarden Euro jährlich über zehn Jahre aber den Beitragszahlern zuzumuten, das widerspricht dem Gesamtprojekt: Es geht um die grundlegende stationäre Gesundheitsversorgung. Das ist öffentliche Daseinsvorsorge, bereit für alle, die krank werden – egal, wie und ob sie versichert sind.
Ohne den Transformationsfonds können die Krankenhäuser die Reform noch schlechter steuern – oder gar nicht überleben. Förderfähig sind etwa telemedizinische Netzwerke oder die Bildung Zentren für komplexe Erkrankungen; die Bedingungen erscheinen einigermaßen restriktiv. Krankenhäuser müssen sich bald festlegen – und vermutlich erneut in Vorleistung gehen. Vor allem den großen Kliniken könnte das gelingen. Die aktuelle Verordnung ist eine der letzten Aktionen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im jetzigen Amt. Die existenzielle Bedrohung für vielen Krankenhäuser, die jetzt schon am Rande einer Insolvenz stehen, ist damit nicht abgewendet.
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