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Eine gefährliche Lücke
Antifa heißt Wohlfahrtsstaat – auch für Jugendliche, findet Jule Meier
Vor ein paar Jahren war ich als politische Bildnerin an vielen Orten in Berlin und Brandenburg unterwegs. Gewaltprävention lautete mein Auftrag. Jugendliche aus Brandenburg erzählten mir, dass sie gerne eine Sportverein besuchen würden oder einen Sprachkurs, um Deutsch zu lernen.
Auf die Frage, warum die Jugendlichen ihrem Wunsch nicht nachkämen, bekam ich mehrere Antworten: »Es gibt keinen Sportverein«, »es gibt keinen Bus zum Sportverein« oder »der Sprachkurs ist zwei Stunden entfernt«. Was diese Jugendlichen einte: Sie waren alle arm und rechtsoffen oder bereits bei der Neonazi-Partei »Dritter Weg« aktiv.
Es heißt, eine demokratische Gesellschaft baue man von unten auf. Wenn immer mehr Menschen in Armut geboren werden, wenn sie in kaputtgesparten Bildungseinrichtungen verwahrt werden und wenn Freizeitangebote wegbrechen, dann zieht man immer mehr Menschen in Gewalt auf. Es waren schon immer Rechte, die aus dieser Gewalt ihren Vorteil zogen. Sie sind es jetzt, die die Sportvereine besetzen und die Wut der Jugendlichen nutzen, um sie im Treten nach unten zu schulen. Sie sind es auch, die mit der Existenzangst einer immer ungleicher werdenden Gesellschaft Rassismus schüren.
Faschismus zu bekämpfen, heißt, ihm den Boden zu entziehen, auf dem er wächst, also eine Gesellschaft aufzubauen, die nicht auf Ausbeutung basiert. Auf dem Weg dahin braucht es jetzt Investitionen im Sinne junger Menschen. Es braucht Geld für Kitas, Schulen und Jugendclubs genauso wie höhere Löhne und Umverteilung von oben nach unten. Sonst zieht diese Gesellschaft vor allem eins heran: immer mehr Gewalttäter von morgen.
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